
Leistungskürzungen für Asylbewerber in Sammelunterkünften verfassungswidrig

Die pauschale Kürzung der Leistungen für alleinstehende Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, verstößt gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Der Gesetzgeber könne nicht einfach davon ausgehen, dass diese Menschen weniger Geld bräuchten, als wenn sie allein lebten, erklärte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag in Karlsruhe. Seit September 2019 hatten die Betroffenen zehn Prozent weniger existenzsichernde Leistungen als alleinstehende Asylbewerber in einer eigenen Wohnung bekommen - derzeit 330 statt 367 Euro, ebenso viel wie Menschen in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft. (Az. 1 BvL 3/21)
Vor dem Sozialgericht in Düsseldorf klagte ein Mann aus Sri Lanka, der in Nordrhein-Westfalen in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt. Er argumentierte, dass er mit den übrigen Bewohnern nicht gemeinsam koche oder wirtschafte und darum kein Geld spare. Das Sozialgericht hielt die Regelung selbst für verfassungswidrig. Deswegen setzte es das Verfahren aus und holte die Meinung des Bundesverfassungsgerichts ein.
Dieses erklärte nun, es sei nicht erkennbar, dass in Sammelunterkünften tatsächlich regelmäßig dadurch gespart werden könne, dass die Bewohner gemeinsam wirtschafteten. Leistungsbescheide, die noch nicht bestandskräftig sind, müssen darum rückwirkend ab September 2019 neu berechnet werden.
Y. Rousseau--BTZ