Westerfellhaus warnt vor weiterer Isolation von Pflegeheimbewohnern
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hat vor einer weiteren Isolation der Menschen in Alten- und Pflegeheimen gewarnt. Dass ein Teil der Einrichtungen wegen der Coronakrise immer noch vorrangig auf die Isolation der Bewohner setze, "kann sechs Monate nach Beginn der Pandemie einfach nicht mehr sein", erklärte Westerfellhaus am Freitag in Berlin.
Für die Bewohner von Pflegeeinrichtungen stelle eine Infektion mit dem Coronavirus fraglos ein großes Risiko dar. Pauschale Besuchsverbote könnten aber "nur in Ausnahmefällen und vor allem nur für begrenzte Zeiträume eine Lösung sein", mahnte Westerfellhaus. In den vergangenen Monaten hätten Besuchsverbote zu Situationen geführt, "die für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen kaum auszuhalten waren".
Die Lage in den Pflegeheimen sei sehr unterschiedlich. Während sich einige Einrichtungen sehr gut auf möglicherweise wieder steigende Infektionszahlen im Herbst und Winter vorbereitet und kreative Lösungen entwickelt hätten, um Besuche, Spaziergänge und auch Einkäufe zu vernünftigen Bedingungen zu ermöglichen, setzten andere primär auf Isolation, betonte Westerfellhaus.
Die Heimbewohner benötigten aber "nicht nur Schutz vor Infektionen, sondern auch Nähe, soziale Kontakte und die Gewissheit, Einfluss auf ihre Lebensbedingungen nehmen zu können". Westerfellhaus forderte, in der Diskussion um notwendige Pandemiemaßnahmen auch an die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zu denken. "Sie dürfen in dieser Pandemie nicht vergessen werden."
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz verwies darauf, dass die Corona-Schutzmaßnahmen die rund 900.000 Heimbewohner höchst unterschiedlich treffen. "Bewohner und Angehörige sind diesem Durcheinander ohnmächtig ausgeliefert", sagte Vorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP.
Er kritisierte, dass die allgemein gültigen Bestimmungen den 12.000 Heimen insgesamt "zu viel Spielraum" ließen. Träger schössen bei der Isolation häufig über das Ziel hinaus. "Bund und Länder müssen ihre Regelungen sofort überarbeiten, um ein Mindestmaß an Freiheitsrechten sicherzustellen", forderte Brysch. Denn es es sei unzumutbar, dass Bewohner und Angehörige ihre Grundrechte einklagen müssten.
(Y. Rousseau--BTZ)