Regierung verlängert Regeln zur Kurzarbeit und Corona-Wirtschaftshilfen
Die Inzidenzen sinken, doch die Wirtschaftskrise sei "noch nicht vorbei": Die Bundesregierung hat am Mittwoch die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld sowie die Überbrückungshilfen für in Not geratene Unternehmen und Soloselbstständige bis Ende September verlängert. Es gelte, weiterhin Jobs zu schützen, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Handel und Reisewirtschaft begrüßten die verlängerten Maßnahmen, Kritik kam aus der Opposition und vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Es gebe Betriebe, "die über den 30. Juni hinaus Kurzarbeit benötigen", sagte Heil und verwies unter anderem auf die Eventbranche. Verlängert wurden per Kabinettsbeschluss demnach der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld sowie die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmen. Für beide Instrumente stellt der Bund rund 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung.
Es gehe darum, eine "Brücke in die Zeit der wirtschaftlichen Erholung" zu bauen, sagte Heil. Die Kurzarbeit habe bereits Millionen Arbeitsplätze in der Corona-Krise gerettet und werde das weiterhin "wo notwendig" tun. Die Regierung will damit außerdem verhindern, dass es im Sommer verstärkt zu Entlassungen kommt.
Die Reisewirtschaft zeigte sich erleichtert über die Verlängerung der Kurzarbeitregeln und sprach von einem "positiven Signal", um die weiterhin "drastischen wirtschaftlichen Folgen" für die Firmen abzufedern. "Für Teile der Reisewirtschaft bleibt das Geschäft weiterhin am Boden", erklärte der Deutsche Reiseverband und verwies vor allem auf Fernreisen. Gleichwohl hätte sich der Verband eine Verlängerung bis zum Jahresende gewünscht.
Das erklärte auch der DGB. Außerdem kritisierte der Gewerkschaftsbund, dass die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes nach vier beziehungsweise sieben Monaten nicht mit verlängert worden sei. "Das ist extrem ärgerlich, denn es gibt Hunderttausende von Menschen, die auch in den kommenden Monaten noch in Kurzarbeit sein werden", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dass die Aufstockung jetzt ganz wegfalle, mache die Lage speziell für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen "noch schwieriger".
Auch die Grünen sprachen von einer "vertanen Chance". Die Verlängerung hätte "mit der Einführung eines Mindestkurzarbeitergeldes verbunden werden müssen", um Sicherheit zu geben und den Gang zum Jobcenter zu verhindern, erklärte der Arbeitsmarktexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn.
Bis Ende September verlängert wurden am Mittwoch auch die Corona-Wirtschaftshilfen. "Der Konjunkturmotor läuft zum Glück wieder, aber aktuell noch nicht für alle", erklärte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der Deckel wurde dabei auf insgesamt bis zu 52 Millionen Euro an Zuschüssen angehoben. Vorgesehen ist nun auch eine sogenannte Restart-Prämie für Unternehmen, die ihre Beschäftigten früher aus der Kurzarbeit holen oder neues Personal einstellen.
Der Handelsverband HDE zeigte sich erfreut und lobte die Anpassung der Hilfen. Die Regierung habe erkannt, "dass die Krise mit der Ladenöffnung noch lange nicht für alle Einzelhändler vorbei ist". Dass die Deckelung nach oben gesetzt wurde, sei "gerade für die größeren, filialisierten Handelsunternehmen eine sehr gute Nachricht".
Doch auch bei den Überbrückungshilfen hätten sich Betroffene eine Verlängerung bis zum Jahresende gewünscht, neben dem HDE erklärte das auch der Reiseverband. Es sei "klar, dass die Corona-Pandemie im September noch nicht beendet sein wird". Die Verluste aus den Jahren 2020 und 2021 blieben "hoch".
Linken-Chefin Janine Wissler sagte AFP, die Verlängerung der Regeln zum Kurzarbeitergeld und der Corona-Überbrückungshilfen sei "natürlich für Viele erst mal eine gute Nachricht". Als Sofortmaßnahme sei jedoch eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent nötig - und langfristig ein Investitionsprogramm, das "Beschäftigung sichert und den Arbeitsmarkt fit macht".
(S. Sokolow--BTZ)