Durch "GroKo"-Kompromiss 400.000 sachgrundlose Befristungen weniger
Der Kompromiss von Union und SPD im Koalitionsvertrag zum Arbeitsrecht könnten die Zahl der sachgrundlosen Befristungen um etwa 400.000 reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommen Experten des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), konnte BERLINER TAGESZEITUNG aktuell dazu erfahren. Allerdings könne niemand seriös vorhersagen, wie viele dieser Arbeitsverhältnisse dann mit Sachgrund befristet werden, wie viele unbefristet vereinbart werden und wie viele gar nicht mehr zustande kommen.
Union und SPD verständigten sich darauf, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nur noch für die Dauer von 18 statt bislang von 24 Monaten zulässig sein soll. Abhängig von der Unternehmensgröße soll auch lediglich eine bestimmte Anzahl von Befristungen gestattet werden: Firmen mit mehr als 75 Beschäftigten dürfen künftig nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen. Endlose Kettenbefristungen sollen abgeschafft werden.
Die Nürnberger Arbeitsmarktforscher gehen von insgesamt 1,3 Millionen Beschäftigten mit sachgrundlos befristeten Verträgen aus, von denen rund 830.000 in Unternehmen mit mehr als 75 Mitarbeitern arbeiten. Diese Zahl würde sich ungefähr halbieren, wenn die 2,5-Prozent-Grenze greife, sagte IAB-Chef Joachim Möller nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG.
Bei Firmen unter 75 Mitarbeitern liegt der Anteil der sachgrundlosen Befristungen laut Möller bei 2,7 Prozent, also nur knapp über der 2,5-ProzentGrenze, die die große Koalition jetzt setzen will. Bei den Unternehmen mit mehr als 75 Mitarbeitern liegt der Anteil bei 5,1 Prozent, sagte Möller. Das sei "eher überraschend, weil größere Firmen eigentlich mehr Möglichkeiten haben, ihr Personal an verschiedenen Stellen einzusetzen und damit flexibler sind". Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2013.
Der IAB-Chef wertet die geplante Begrenzung begründeter Befristungen als positiven Schritt. "Das Hauptproblem ist die Verkettung begründeter Befristungen, die zu recht von vielen als sehr ärgerlich wahrgenommen wird. Das ist häufig im Öffentlichen Dienst anzutreffen, wo manche sich mehr als ein Jahrzehnt lang von Befristung zu Befristung schleppen", kritisierte Möller.
Dass solche Kettenbefristungen jetzt fünf Jahre nicht überschreiten dürfen, habe zumindest die positive Seite, dass Arbeitnehmer nicht endlos hingehalten werden könnten. "Da muss sich gerade auch der Öffentliche Dienst bewegen", forderte Möller.
(I. Johansson--BTZ)