Deutschland bei Frauenquote in internationalem Vergleich auf letztem Platz
Bei den gesetzlichen Regeln für mehr Frauen in Führungspositionen schneidet Deutschland in einem internationalen Vergleich schlecht ab. Von zehn europäischen Ländern, die eine gesetzlich bindende Geschlechterquote für große Unternehmen haben, hat die Bundesrepublik die schwächsten Vorgaben, wie aus einer Studie des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (IMU) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht.
Für die Studie, die AFP am Mittwoch vorlag, werteten die Forscher für die 27 EU-Länder sowie Großbritannien, Norwegen, Island und die Türkei aus, ob es verbindliche Regeln für ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis auf den Führungsetagen von Unternehmen gibt, und wie stark diese ausgestaltet sind.
Zehn Staaten - acht osteuropäische EU-Mitglieder sowie Zypern und Malta - verfolgen dieses Ziel auf politischer Ebene demnach gar nicht. Elf weitere belassen es bei rechtlich unverbindlichen Empfehlungen, darunter die Türkei, Rumänien, Polen, Großbritannien, Griechenland, Schweden, Irland oder Dänemark.
Rechtlich bindende Quoten für mehr Geschlechtergleichstellung an der Unternehmensspitze haben demnach zehn Länder. Gemessen an einem Index, für den die Forscher beispielsweise untersuchten, in welchem Teil der Unternehmenslandschaft und für welche Gremien in den Firmen die Quote gilt, hat dabei Norwegen die wirksamste Regelung.
Auf den Rängen dahinter folgen, teilweise mit erheblichem Abstand, Italien, Portugal, Spanien, Belgien, Frankreich, Island, Österreich und die Niederlande. Deutschland landet auf dem zehnten und letzten Platz.
In der Bundesrepublik gilt seit 2015 eine verbindliche Quote von 30 Prozent für Aufsichtsräte von mitbestimmungspflichtigen Unternehmen, die zugleich aber auch börsennotiert sein müssen. Damit betrifft die Quote laut Böckler-Stiftung derzeit nur 107 Unternehmen.
Falls Deutschland die Quotenpflicht auf alle börsennotierten und staatlich kontrollierten Unternehmen ausdehne, könne die Zahl auf ungefähr tausend erhöht werden, heißt es in der Analyse. Würden sogar alle privaten Kapitalgesellschaften einbezogen, wären demnach mehrere tausend Unternehmen umfasst.
Weiter aufschließen im europäischen Vergleich könne Deutschland zudem, wenn die Quote nicht nur für Aufsichtsräte, sondern auch für die Besetzung von Vorständen gelten würde. Ebenfalls positiv auswirken würden sich demnach schärfere Sanktionen für Unternehmen, die die Quote missachten.
Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack, kritisierte die deutschen Vorgaben als "zu weich, zu unverbindlich, zu wenig zwingend", wie sie AFP sagte. "Deshalb landet Deutschland im Ländervergleich der europäischen Quotenregelungen für mehr Frauen in Führung auf dem beschämenden letzten Platz."
Damit Frauen gleiche Chancen auf Spitzenjobs hätten, müsse die Geschlechterquote "deutlich ausgeweitet werden", forderte sie. Dass die Bundesregierung hier tätig werden wolle, begrüße der DGB "ausdrücklich" und setze auf ein schnelles parlamentarisches Verfahren.
"Wir brauchen eine feste Quote auch für nicht börsennotierte Unternehmen und für deren Vorstandsetagen", forderte Hannack. "Nur mit glasklaren gesetzlichen Vorgaben kommen wir vorwärts, wie andere Länder es vormachen." Wirksam sei dabei nur Verbindlichkeit. "Das zeigt schon ein Blick auf die aktuelle Situation: In den Aufsichtsräten, für die eine 30-Prozent-Quote gilt, ist der Frauenanteil erreicht. Vorstände sind zu 90 Prozent noch reine Männerclubs."
(K. Petersen--BTZ)