Fleischindustrie warnt eindringlich vor Ende der Werkverträge
Die deutsche Fleischindustrie hat erneut eindringlich vor einem Ende der Werkverträge in der Branche gewarnt. Bei einem Verbot der Anheuerung von Subunternehmen drohten gravierende wirtschaftliche Schäden, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Fleischwirtschaft, Heike Harstick, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben). Große Teile der Fleischproduktion würden dann ins Ausland abwandern.
Unter Mitarbeitern deutscher Schlachtereien hatte es in den vergangenen Wochen mehrere starke Ausbrüche des Coronavirus gegeben. Das sogenannte Corona-Kabinett der Bundesregierung berät am Mittwoch über Missstände in der Branche. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Werkverträge in der Fleischwirtschaft weitgehend verbieten.
Die Missstände in der Fleischbranche hatten bereits für Montag auf der Tagesordnung der für die Bekämpfung der Corona-Krise zuständigen Kabinettsmitglieder gestanden. Das Thema wurde dann aber vertagt. Nach Angaben Heils hatte die Union noch Gesprächsbedarf.
Der Fleischwirtschafts-Verband bezeichnete die in der Branche aufgetretenen Coronavirus-Infektionen als "Einzelfälle". Hauptgeschäftsführerin Harstick attackierte Heil scharf. Der Minister sei von Gewerkschaftern "aufgehetzt" worden. Er stigmatisiere die Fleischindustrie, ohne über "tatsächliche fachliche und sachliche Kenntnis" über die Branche zu verfügen.
Auf die Werkverträge könne nicht verzichtet werden, führte Harstick ins Feld. Für viele manuelle Arbeiten in der Fleischwirtschaft ließen sich keine Arbeitskräfte mehr auf dem deutschen Markt finden. Die Subunternehmen der deutschen Fleischindustrie beschäftigen großteils osteuropäische Arbeitnehmer, die oft in beengten Gemeinschaftsunterkünften wohnen.
Auch der Fleischunternehmer Clemens Tönnies warnte laut einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ("NOZ") vor einer Abschaffung der Werkverträge. Ein solches Verbot "hätte massive, strukturell-negative Veränderungen für die Agrarwirtschaft zur Folge", schrieb Tönnies nach Angaben des Blatts an Heil. Der Unternehmer warnte demnach, dass in diesem Fall europäische Wettbewerber unter anderem die Tierhaltung, Schlachtung sowie "Veredlung" von Fleischprodukten übernehmen würden.
Anstelle der Verbots der Werkverträge schlug Tönnies laut "NOZ" einen Branchenmindestlohn von zwölf Euro pro Stunde vor. Die "faire Behandlung" der Arbeitnehmer solle durch eine unabhängige Institution wie den TÜV überwacht werden. Die Fleischbranche hatte bereits in den vergangenen Tagen vor einem Aus für die Werkverträge gewarnt.
Die Grünen pochen hingegen auf ein Verbot der Anheuerung von Subunternehmen im "Kernbereich" der Fleischbranche. Wenn bis zu 90 Prozent der Schlachter und Fleischzerleger nicht beim Betrieb, sondern bei Subunternehmen arbeiteten, werde "die Verantwortung ausgelagert", sagte Parteichef Robert Habeck der "NOZ". Die Regeln müssen verschärft werden, um die "Ausbeutung" in der Fleischindustrie zu stoppen.
(D. Meier--BTZ)