Australiens Kartellbehörde für "Nachrichten-Boykott" gegen Google und Facebook
Australiens Kartellbehörde hat einen "Nachrichten-Boykott" australischer Medien gegen die US-Onlineriesen Google und Facebook vorgeschlagen. Die Australische Wettbewerbs- und Verbraucherkommission (ACCC) empfahl Medienhäusern am Dienstag in einem Strategiepapier, einen solchen Boykott als Druckmittel in den Verhandlungen mit den Technologiekonzernen über eine Nutzungsgebühr einsetzen.
In Australien sollen Konzerne wie Google und Facebook künftig für die Verbreitung journalistischer Inhalte bezahlen: Die Regierung kündigte im April eine verpflichtende Regelung an, die unter anderem vorsieht, dass die US-Unternehmen den Medienhäusern Nutzungsgebühren zahlen müssen. So soll ein Teil ihrer Werbeeinnahmen an die klassischen Medien weitergereicht werden.
Die Kartellbehörde soll nun bis Juli einen Verhaltenskodex für die US-Konzerne ausarbeiten, der danach schnell gesetzlich beschlossen werden soll.
In dem Strategiepapier schlägt die Kartellbehörde zunächst bilaterale oder gemeinsame Verhandlungen mit den Onlineriesen vor. Sollten direkte Verhandlungen scheitern, sei angesichts der weltweiten Marktmacht von Google und Facebook möglicherweise "ein alternativer Verhandlungsrahmen" nötig. "Ein gemeinsamer Boykott oder die Drohung mit einem gemeinsamen Boykott könnte Google und Facebook dazu bringen, Medienunternehmen eine angemessenere Vergütung für die Nutzung ihrer Inhalte anzubieten", schreibt die Behörde.
Mit den Plänen für die weltweit bislang einmalige Pflichtabgabe hatte die australische Regierung nach Angaben von Finanzminister Josh Frydenberg auf zuvor gescheiterte Gespräche über eine freiwillige Gebühr reagiert.
Zuletzt hatte Nine Entertainment, einer der größten Medienkonzerne in Australien, vorgeschlagen, dass Google and Facebook den Medienhäusern zehn Prozent ihrer jährlichen Werbeeinnahme in Australien zahlen sollen, welche von der Regierung auf sechs Milliarden australische Dollar (3,6 Milliarden Euro) geschätzt werden. Andere Medienhäuser forderten jährliche Zahlungen in Höhe von bis zu einer Milliarde australischer Dollar.
Wie in vielen Ländern der Welt haben Google und Facebook auch in Australien den Nachrichtenmarkt massiv verändert. Aufgrund rückläufiger Einnahmen insbesondere aus Werbung strichen australische Medienhäuser allein in den vergangenen sechs Jahren rund 20 Prozent der Stellen. Die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie haben die Krise weiter verschärft.
Google weigert sich bisher, für Nachrichten, Fotos und Videos von Medien-Inhalten zu bezahlen. Auch die vor gut einem Jahr beschlossene EU-Urheberrechtsreform sieht eine solche Vergütung vor. Davon betroffen sind neben Google unter anderem auch YouTube oder Facebook.
(I. Johansson--BTZ)