Gewerkschaft wirft Fleischindustrie nach Corona-Fällen Verantwortungslosigkeit vor
Angesichts hunderter Corona-Fälle in mehreren deutschen Schlachthöfen reißt die Kritik an den Bedingungen für ausländische Arbeiter in der Fleischindustrie nicht ab. "Die Schlachtkonzerne waschen ihre Hände in Unschuld, wenn etwas schiefgeht, denn sie schieben die Verantwortung auf die Subunternehmen", sagte Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom Donnerstag.
"Die Infektionen der Mitarbeiter finden aus unserer Sicht nicht am Arbeitsplatz, sondern in den beengten Unterkünften oder beim Transport in die Fabrik statt", führte Zeitler aus. "Die Unterbringung wird in der Regel von Subunternehmen der Schlachthöfe gestellt. Die Unterkünfte verfügen häufig nicht über hygienische Bedingungen. So war es leider nur eine Frage der Zeit, bis es dort zu einem Coronavirus-Ausbruch kommt."
Zeitler sieht aber auch die Verbraucher in der Verantwortung. "Die Supermärkte machen Druck, wenn die Preise erhöht werden. Die Konsumenten sollten sich bewusst sein, was die Niedrigpreise für Folgen, auch für die Beschäftigten haben", sagte er.
Die Häufung von Corona-Fällen unter Schlachthofmitarbeitern hatte eine neue Diskussion über die seit langem kritisierten Arbeitsbedingungen und Gemeinschaftsunterkünfte der oft aus Osteuropa stammenden Werkvertragsarbeiter entfacht. Nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen will nun auch Bayern die Tests in der Branche massiv ausweiten. Nachdem sich mindesten 16 Mitarbeiter eines Geflügelschlachtbetriebs im niederbayerischen Bogen mit dem Coronavirus infiziert hatten, kündigte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) an, in den kommenden Tagen sämtliche Mitarbeiter aller Schlachtbetriebe auf das Virus zu testen.
"Der Schutz der Bevölkerung vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus hat für das bayerische Gesundheitsministerium oberste Priorität. Deshalb haben wir entschieden, dass die Mitarbeiter aller Schlachthöfe in Bayern auf Covid-19 getestet werden", sagte sie im Gespräch mit der "Passauer Neuen Presse" und dem "Donaukurier" (Donnerstagsausgaben).
In Bogen wurden in den vergangenen zwei Tagen alle 1000 Mitarbeiter eines Geflügelschlachtbetriebes getestet, nachdem vor dem Wochenende vereinzelte Corona-Infektionen bekannt wurden. Die Ergebnisse des Großtests liegen derzeit noch nicht vor. Bayernweit gibt es rund 60 Schlachtbetriebe mit vielen tausend Mitarbeitern, die nun alle auf Corona getestet werden.
(M. Tschebyachkinchoy--BTZ)