Timmermans: Corona-Krise kein Grund für Verzögerungen bei Agrarreformen
Der für den Klimaschutz zuständige EU-Kommissionsvize Frans Timmermans sieht in der Corona-Krise keinen Anlass für Verzögerungen bei Reformen im Agrarsektor. "Nein, wir werden unsere Pläne nicht verschieben", sagte der Niederländer am Donnerstag bei einer Videokonferenz mit dem Agrarausschuss des Europaparlaments. "Wir werden weitermachen, weil wir glauben, dass das wichtig ist."
Die EU-Kommission hatte im Rahmen ihres großen Plans für den Klimaschutz Reformpläne für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, die sogenannte Farm-to-Fork-Strategie, und zum Schutz der Artenvielfalt angekündigt. Ein zentraler Punkt in beiden Strategien soll eine massive Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden sein. Im Agrarsektor sind die Pläne umstritten.
Der ursprüngliche Zeitplan der Brüsseler Behörde sah eine Veröffentlichung der beiden Papiere Ende März vor. Wegen der Corona-Pandemie wurde dies verschoben. Mehrere Mitglieder des Agrarausschusses sprachen sich nun dafür aus, die Reformpläne weiter hintanzustellen.
"Denjenigen die sagen wir brauchen mehr Zeit oder jetzt ist nicht die Zeit für Pläne, sage ich, doch, genau jetzt ist die Zeit dafür", entgegnete Timmermans. Eine Strategie für die Landwirtschaft für die Wende hin zu mehr Nachhaltigkeit sei "keine Bedrohung, sondern eine große Chance". Denn je rascher diese Wende vollzogen werde, desto größer würden die Vorteile für die Bauern ausfallen.
Auch Verweise von EU-Abgeordneten auf die Ernährungssicherung, die durch geringeren Pestizideinsatz gefährdet sei, ließ Timmermans nicht gelten. Es gebe keinen "Widerspruch zwischen Nahrungsmittelsicherheit und Nachhaltigkeit". Ganz im Gegenteil seien Klimawandel und Verlust von Artenvielfalt eine "direkte und langfristige Bedrohung" für die Landwirtschaft.
Zudem bestehe hier durchaus ein Zusammenhang mit der Corona-Pandemie: "Covid-19 ist auch ein Ergebnis davon, dass wir, die Menschheit, in völligem Ungleichgewicht mit der Natur stehen", sagte der Niederländer. Und die Intensivlandwirtschaft habe etwa mit ihren negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt dazu beigetragen.
Forderungen nach einer Aufstockung der Agrarmittel im nächsten EU-Haushalt vor dem Hintergrund der Krise schloss sich auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, an: Es brauche ein "starkes und angemessenes Budget für die Gemeinsame Agrarpolitik", um die Landwirtschaft zu stabilisieren.
Der Umfang der Agrarmittel sei Teil der Diskussionen um den Wiederaufbauplan und den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU, sagte Timmermans dazu. "Dem kann ich nicht vorgreifen." Er stimme aber voll und ganz zu, dass genauer hingeschaut werden müsse, wohin das Geld aus den EU-Töpfen fließt. Besonders von der Krise betroffene kleine und mittlere Unternehmen sollten hier Vorrang haben.
(K. Berger--BTZ)