Lidl druckt bei Frischfleisch künftig Art der Tierhaltung auf Packung
Lidl will seine Kunden künftig bei Frischfleischprodukten über die Art der Tierhaltung informieren. Ab April werden dafür alle Frischfleischprodukte der Eigenmarken des Discounters mit dem "Lidl-Haltungskompass" gekennzeichnet, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Dabei soll ein Vier-Stufen-Modell den Kunden erklären, nach welchen Kriterien die Schweine, Rinder, Puten und Hähnchen gehalten wurden: "Stallhaltung", "Stallhaltung Plus", "Auslauf" oder "Bio".
Die erste Stufe "Stallhaltung" entspricht Lidl zufolge den gesetzlichen Bestimmungen. "Stallhaltung Plus" bietet den Tieren mehr Platz sowie Beschäftigungsmaterial, bei der dritten Stufe werden die Tiere zusätzlich "gentechnikfrei gefüttert und haben Zugang zu Außenklimabereichen". Die vierte Stufe soll den gesetzlichen Bestimmungen für Bio-Fleisch entsprechen. Diese sehen unter anderem vor, dass die Tiere genug Auslauf haben und das Leiden während der gesamten Lebensdauer und bei der Schlachtung so gering wie möglich ist. Kunden würden mit dem "Haltungskompass" dabei unterstützt, bewusst zu wählen, wie das Tier gehalten wurde, erklärte Lidl. Das Unternehmen setzt nach eigenen Angaben auf den Effekt, dass Verbraucher so verstärkt zu Fleisch aus artgerechterer Haltung greifen - und so "das Frischfleischangebot aus tierwohlgerechteren Haltungsformen ausgebaut werden kann". Diese Erfahrungen habe bereits vor einigen Jahren bei Eiern gesammelt werden können.
Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte den Schritt von Lidl. "Konventionelle Produkte, die keinen Mehrwert im Vergleich zum gesetzlichen Standard bieten, sind nun als solche auch erkennbar", erklärte der Verband. Der "Haltungskompass" werde die Bauern motivieren, "den Weg Richtung tiergerechte Haltung konsequent weiter zu gehen", lobte auch der Verein Die Verbraucher Initiative.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte, es sei ein "Armutszeugnis für die Bundesregierung", dass einzelne Handelsketten ein eigenes Kennzeichnungssystem für Fleisch entwickelten. Die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sperre sich "seit Jahren gegen ehrliche Informationen" über die Haltung von Tieren. "Wir brauchen endlich eine verständliche und einheitliche Tierhaltungskennzeichnung auf Fleischprodukten", forderte Hofreiter.
Wenn der Handel nun eine eigene Tierhaltungskennzeichnung starte, zeige dies, "wie groß das Vakuum ist, das die Politik gelassen hat", erklärte auch der Bio-Dachverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Die neue Bundesregierung müsse "endlich eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch- und Fleischprodukte analog der Eierkennzeichnung einführen", forderte BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig. Dass Transparenz wirke, zeige "das Erfolgsmodell Eierkennzeichnung". Das Ei mit der "3" aus Käfighaltung sei seitdem aus den Regalen verschwunden.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte, wenn Lidl Gesundheit und Wohl der Tiere wirklich wichtig seien, müsse der Discounter "Fleisch aus tierschutzwidriger Haltung langfristig ganz aus dem Sortiment nehmen". Der Schritt der Handelskette sei ein Erfolg der Greenpeace-Kampagne, bei der seit vergangenem April Greenpeace-Aktivisten vor Lidl-Märkten mehr Transparenz für Verbraucher gefordert und auf miserable Zustände in der Haltung hingewiesen hätten.
(S. Soerensen--BTZ)