Lufthansa in "intensiven Gesprächen" über mögliche Staatshilfe
Die wegen der Corona-Pandemie in finanzielle Nöte geratene Lufthansa verhandelt mit mehreren Staaten über mögliche Unterstützung. Der Konzern befinde sich mit den Regierungen seiner "Heimatländer" Deutschland, Schweiz, Österreich und Belgien "in intensiven und konstruktiven Gesprächen", sagte eine Lufthansa-Sprecherin am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Die konkrete Ausgestaltung möglicher Staatshilfen gibt es Streit in der Koalition.
In den Gesprächen mit den Regierungen gehe es um "Finanzierungsinstrumente, um kurzfristig eine nachhaltige Sicherung der Solvenz zu erreichen", sagte die Lufthansa-Sprecherin. Berichte über ein kurz bevorstehendes Spitzentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen Kabinettsmitgliedern wollte sich nicht kommentieren. Auch von der Bundesregierung gab es dazu keinen Kommentar.
Für die staatliche Unterstützung gibt es verschiedene Optionen. SPD-Fraktionschef Mützenich wandte sich in diesem Zusammenhang gegen die Möglichkeit einer stillen Beteiligung des Bundes. "Wenn Unternehmen wie Lufthansa aus Steuergeldern Staatshilfen in Milliardenhöhe bekommen, müssen auch Mitspracherechte für den Bund gewährleistet sein", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Das ist schon aus Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unerlässlich."
Dem widersprach Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann (CDU). "Sollte der Staat sich direkt beteiligen und Politiker Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen, dann muss das sehr gut begründet werden. Ich habe bislang noch von keiner solchen Begründung gehört", sagte er dem "Handelsblatt".
"Auch bei einer stillen Beteiligung muss die Lufthansa sich an die Regeln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) halten, etwa bei der Auszahlung von Dividenden", betonte Linnemann. "Um die zu untersagen braucht der Staat keinen Sitz im Aufsichtsrat."
Auch die Opposition ist in der Frage gespalten. "Staatshilfen sind kein Freifahrtschein für den Eingriff in die unternehmerische Freiheit", sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr AFP. "Die FDP hat dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds auch deshalb zugestimmt, weil man sich einig war, dass eine staatliche Lenkung privater Unternehmen wie der Lufthansa ausgeschlossen wird."
Dürr warf der SPD "wilde Verstaatlichungsfantasien" vor. Diesen müsse die Bundeskanzlerin "einen Riegel vorschieben".
Dagegen erklärte Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi, eine stille Beteiligung würde bedeuten, "der Staat schiebt die Kohle rüber, hat aber nichts zu sagen". Nach der Corona-Pandemie werde jedoch ein "unternehmerischer Staat" gebraucht, "der eingreift und die Interessen von Beschäftigten und Allgemeinheit schützt".
Die Grünen-Fraktion lehnt eine "passive Zuschauerrolle" des Staates ebenfalls ab. "Wenn der Bund Lufthansa hilft, braucht er ein aktives Mitspracherecht und muss Einfluss auf die Zukunftsausrichtung, insbesondere auf die Strategie zur Klimaneutralität und die soziale Ausrichtung nehmen", erklärten die Wirtschaftsexpertin Katharina Dröge und der Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler.
Die Lufthansa ist durch die Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten. Allein im ersten Quartal summierte sich der operative Verlust auf mehr als eine Milliarde Euro, für das zweite Quartal rechnet der Konzern noch mit einem "erheblich höheren" Verlust.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) blickt auf die gesamte Luftfahrtbranche mit Sorge. "Es wird zu einer weltweiten Neuordnung kommen", sagte er der "Welt am Sonntag". "Flughäfen, Flugzeugbauer, Airlines - für Deutschland müssen wir stützen und schützen."
(A. Williams--BTZ)