Wirtschaftsforscher erwarten Einbruch der Wirtschaft um 4,2 Prozent
Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten wegen der Coronavirus-Pandemie eine "schwerwiegende" Rezession in Deutschland in diesem Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde um 4,2 Prozent schrumpfen, die Arbeitslosenquote in der Spitze 5,9 Prozent erreichen, heißt es am Mittwoch vorgelegten Frühjahrsgutachten. Im kommenden Jahr werde die Wirtschaft sich aber erholen und um 5,8 Prozent wachsen.
Bereits im ersten Quartal dürfte das BIP um 1,9 Prozent geschrumpft sein, schätzen die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsprognose. Im zweiten Quartal rechnen sie in Folge des Corona-Shutdowns mit einem Minus von 9,8 Prozent - das wäre der stärkste seit Beginn der Vierteljahresrechnung im Jahr 1970 jemals gemessene Rückgang in Deutschland und mehr als doppelt so groß wie der Rückgang im ersten Quartal während der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Diese schwerwiegende Rezession hinterlasse deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt und im Staatshaushalt, erklärte der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser. Die Arbeitslosenquote werde in diesem Jahr in der Spitze auf 5,9 Prozent und die Zahl der Kurzarbeiter auf 2,4 Millionen hochschnellen. Im Durchschnitt werden die Arbeitslosenzahlen demnach im Vergleich zum Vorjahr um knapp eine viertel Million auf 2,5 Millionen steigen.
Die Maßnahmen des Staates zur Abfederung der Folgen für Unternehmen und private Haushalte werden laut Frühjahrsgutachten zu einem "Rekorddefizit" von 159 Milliarden Euro beim Gesamtstaat führen. Der Bruttoschuldenstand des Staates werde in diesem Jahr auf 70 Prozent steigen.
Deutschland bringe aber gute Voraussetzungen mit, den wirtschaftlichen Einbruch zu verkraften und mittelfristig wieder das wirtschaftliche Niveau zu erreichen, das sich ohne die Krise ergeben hätte, erklärte Wollmershäuser weiter. Die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute legen zwei Mal im Jahr ihre Gemeinschaftsdiagnose vor. Beteiligt sind neben dem Ifo das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sowie das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen.
Vergangene Woche hatten bereits die sogenannten Wirtschaftsweisen ein Sondergutachten zu den Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie vorgelegt. Je nach Dauer und Ausmaß der Einschränkungen wegen der Pandemie rechnet der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung mit einem Einbruch von 2,8 Prozent bis 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte bereits, das BIP könne in einzelnen Monaten im ersten Halbjahr um mehr als acht Prozent schrumpfen. Er erwartet den Höhepunkt der negativen Entwicklung im Mai.
(Y. Rousseau--BTZ)