Für geplatzte Veranstaltungen soll es Gutscheine geben - Kritik von Verbraucherschützern
Für in der Corona-Krise ausgefallene Konzerte, Fußballspiele oder andere Veranstaltungen in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Sport sollen Verbraucher Gutscheine von den Veranstaltern bekommen. Das Corona-Kabinett der Bundesregierung forderte das Justizministerium am Donnerstag auf, dazu einen Gesetzentwurf zu formulieren, um Veranstalter bei den wirtschaftliche Folgeschäden der Pandemie zu entlasten. Verbraucherschützer kritisierten, auch die Kunden seien in der Krise auf das Geld angewiesen und warnten vor einer Aushöhlung der Verbraucherrechte.
Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass die Veranstalter im Fall einer Pandemie-bedingten Absage den Ticketinhabern anstelle einer Erstattung einen Gutschein geben dürfen, wenn die Tickets vor dem 8. März gekauft wurden. Gültig sein sollen die Gutscheine bis zum 31. Dezember 2021.
Auch soll die Neuregelung eine Härtefallklausel enthalten, wenn die Nutzung des Gutscheins nicht zumutbar ist. Außerdem sollen die Veranstalter verpflichtet werden, doch den Ticketpreis zurückzuerstatten, wenn der Gutschein bis Ende kommenden Jahres nicht eingelöst wurde.
Ziel ist demnach, Liquiditätsengpässe bei den Veranstaltern aufgrund der zahlreichen Rückforderungen wegen abgesagter Veranstaltungen zu vermeiden. Mit den zahllosen Stornierungen und Absagen sei die Gefahr erheblicher Liquiditätsengpässe verbunden, erklärte die Bundesregierung. Dies könne "in vielen Fällen zu einer Gefährdung des wirtschaftlichen Fortbestandes der Unternehmen und Institutionen führen".
Ähnliche Regelungen empfiehlt die Regierung auch für die Rückerstattung des Preises gebuchter Pauschalreisen sowie von Flugtickets. Dafür ist allerdings die EU zuständig. Die Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Justiz richteten daher ein Schreiben an die EU-Kommission, mit der Bitte hier für eine einheitliche europäische Regelung zu sorgen.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) begrüßte den "Gutschein-Konsens" der Bundesregierung als "rettendes Signal für Reisebüros und Reiseveranstalter". Jetzt komme es darauf an, dass die Bundesregierung in Brüssel durchsetze, "dass die EU-Kommission die Rückerstattungsregelung aus der EU-Pauschalreiserichtlinie entsprechend aussetzt", erklärte DRV-Präsident Norbert Fiebig. "Die Zeit drängt, viele andere EU-Länder haben die Gutschein-Lösung bereits umgesetzt." Eine sofortige Rückzahlungspflicht an die Kunden würde nach Angaben des Verbandes sehr viele Unternehmen in die Insolvenz treiben.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mahnte hingegen, auch in der Krise müssten sich die Menschen auf Verbraucherrechte verlassen können. "Das Aufweichen der europäischen Verbraucherrechte ist der falsche Weg", kritisierte vzbv-Chef Klaus Müller. "Die Liquidität der Reisebranche muss durch einen Fonds ermöglicht werden, nicht durch Kundengelder", forderte er. Bislang galt, dass Anbieter - wenn Reisen oder Veranstaltungen abgesagt werden - bereits gezahlte Gelder innerhalb von 14 Tagen an die Verbraucher zurücküberweisen müssen.
Hinter dem positiv klingenden Begriff der Gutscheine versteckten sich "in Wirklichkeit zinslose Zwangskredite der Verbraucherinnen und Verbraucher an die Unternehmen", kritisierte der vzbv. "Viele Verbraucher sind in der Krise ebenso auf Liquidität angewiesen wie Unternehmen."
(A. Lefebvre--BTZ)