Einschnitte in deutsche Wirtschaft wegen Corona-Pandemie vertiefen sich
Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Wirtschaft werden greifbarer. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) sieht sich fast jeder fünfte der 15.000 befragten Betriebe akut von der Insolvenz bedroht. Der Umsatz der Handwerksbetriebe brach laut deren Zentralverband ZDH wegen der Pandemie im Schnitt bereits um gut 50 Prozent ein. Die staatliche Förderbank KfW erwartet bis zu 100.000 Hilfsanträge.
In der am Freitag veröffentlichten DIHK-Umfrage gab mehr als jeder vierte Betrieb an, derzeit mit Umsatzrückgängen von mindestens 50 Prozent für das Gesamtjahr 2020 zu rechnen. Das größte Problem sei dabei die schwindende Liquidität und die in diesem Zusammenhang befürchtete Pleitewelle.
"Damit spitzt sich die Krise dramatisch zu", erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. "Das sollte nun alle Alarmleuchten angehen lassen: Wenn wir uns dieser Entwicklung nicht entschieden entgegenstellen, erleben wir wirtschaftliche Schäden von historischem Ausmaß."
Auch die deutschen Handwerksbetriebe leiden: In einer Umfrage des ZDH unter 4900 Unternehmen diese Woche gaben 77 Prozent der Betriebe Umsatzrückgänge an, 55 Prozent berichteten von stornierten Aufträgen und 36 Prozent von fehlendem Personal, weil etwa Beschäftigte wegen eigener Quarantäne oder fehlender Kinderbetreuung nicht zur Arbeit erscheinen können.
Trotz Ladenöffnung fürchten dabei etwa auch die Bäcker um ihre Umsätze. "Umsatzausfälle liegen auf der Hand, weil praktisch alle Veranstaltungen abgesagt wurden und damit das Geschäft mit dem Catering wegbricht", sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, Michael Wippler, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch das Geschäft mit Backwaren für Restaurants und Cafés falle nun aus.
Die von der Corona-Pandemie besonders schwer getroffenen Reisebüros und -veranstalter verordneten zum Großteil bereits die Kurzarbeit. Rund 70 Prozent der Betriebe hätten bereits Kurzarbeitergeld beantragt, teilte der Deutsche Reiseverband (DRV) mit. Er befragte diese Woche fast 700 Firmen der Branche. Fast die Hälfte (44 Prozent) der Befragten setzen demnach auf Steuervergünstigungen. Ein Fünftel habe Überbrückungskredite beantragt.
Die Lufthansa schickt mindestens 31.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit, und zwar zunächst bis zum 31. August. Bei Europas größter Airline ist ein Großteil der Flotte derzeit geparkt. Konzernchef Carsten Spohr hatte in der vergangenen Woche aber vor der steigenden Wahrscheinlichkeit gewarnt, dass die Zukunft der Luftfahrt ohne staatliche Hilfe nicht gewährleistet werden könne, "je länger diese Krise andauert".
Das Beschäftigungsbarometer des Münchner Ifo-Instituts, basierend auf der Abfrage von rund 9000 Unternehmen, stürzte im März von 98,0 auf 93,4 Punkte ab. Dies sei der größte Rückgang seit Beginn der Erhebung im Jahr 2002 und zudem der niedrigste Wert seit Januar 2010, erklärte das Ifo. Die Unternehmen stoppen Neueinstellungen.
Die KfW stellt sich auf einen Ansturm auf die Corona-Kredite ein, wie Vorstandschef Günther Bräunig dem "Handelsblatt" vom Freitag sagte. Welches Kreditvolumen die Unternehmen dabei insgesamt abrufen, wagt er nicht zu prognostizieren: "Es gibt einfach keinen Präzedenzfall."
(P. Hansen--BTZ)