Gewerkschaft weist Forderung von Agrar-Verbänden zu Saisonkräften scharf zurück
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat die Forderung von Agrar-Verbänden nach flexibleren Regeln für Saisonarbeiter in der Coronakrise als "unverantwortlich" zurückgewiesen. Die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung dürfe "nicht auf Kosten der ohnehin schon sehr benachteiligten Saisonkräfte gehen", forderte die Gewerkschaft am Donnerstag.
"Bereits jetzt sind die Regelungen zur Arbeitszeit in Landwirtschaft und Gartenbau gerade in den Erntezeiten so flexibel wie in keiner anderen Branche", erklärte der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Harald Schaum. Den Agrarverbänden warf er vor, die Pandemie zu instrumentalisieren. Deren Forderungen reihten sich "nahtlos ein, in ihre schon weit vor der Coronakrise verbreiteten Arbeitsmarktvorstellungen" und hätten "nichts mit den Realitäten unserer Zeit zu tun".
Verbände der Agrarbranche, darunter unter anderem der Deutsche Bauernverband (DBV), hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass sie sich in einem gemeinsamen Schreiben mit der Bitte um "kurzfristige Ausnahmen" an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gewandt hätten.
Sie forderten unter anderem eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes mit einer Verlängerung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten und einer Verkürzung der Ruhezeiten. Außerdem solle es eine Anhebung der Entgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung geben.
Zudem mahnt die Branche auch eine Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose, Asylbewerber, Bezieher von Kurzarbeitergeld oder einer vorzeitigen Altersrente an. Auch solle es einen "erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für Arbeitskräfte aus Drittstaaten" sowie eine Lockerung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes geben, um Zusammenarbeit zwischen Betrieben zu erleichtern.
Die Verbände appellierten außerdem an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Außenminister Heiko Maas (SPD), die Anreise der ausländischen Saisonarbeitskräfte sicherzustellen. In der Vergangenheit konnte der saisonale Arbeitskräftebedarf der Bauern vor allem durch Arbeitnehmer aus Osteuropa gedeckt werden. Vielerorts gibt es derzeit aber wegen der Coronavirus-Pandemie starke Einschränkungen.
Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann (CDU), forderte am Donnerstag, Anpflanzung und Ernte von Spargel, Erdbeeren oder Gemüse dürften nicht an den aktuellen Reisebeschränkungen scheitern. Das Auswärtige Amt müsse "bei unseren europäischen Partnern auf die möglichst unkomplizierte Durchreise von Saisonarbeitskräften hinwirken".
Auch die Praxis bei der Einreise nach Deutschland müsse einheitlich sein, forderte Stegemann. Erfreulicherweise habe das Innenministerium bereits klargestellt, dass die Einreise nach Deutschland für Saisonarbeitskräfte weiterhin möglich sei. "Erforderlich hierfür ist die Mitführung geeigneter Unterlagen zum Nachweis ihrer Tätigkeit wie zum Beispiel Arbeitsverträge, Auftragsunterlagen und die Grenzgängerkarte", erklärte der CDU-Politiker.
(O. Joergensen--BTZ)