EZB startet Notfall-Anleihekaufprogramm wegen Corona-Krise
Zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise lanciert die Europäische Zentralbank (EZB) ein Notfallprogramm im Volumen von 750 Milliarden Euro für neue Anleihekäufe. Bis mindestens Jahresende sollen damit Staats- und Unternehmensanleihen gekauft werden, wie die Zentralbank in der Nacht zum Donnerstag mitteilte. Zugleich werde der EZB-Rat im Kampf gegen die wirtschaftlichen Schockwellen der Pandemie "alles Notwendige" tun - und die Anleihekäufe gegebenenfalls noch ausweiten.
Das Notfallprogramm solle so lange laufen, bis nach Einschätzung des EZB-Rats die von der Pandemie ausgelöste "Krisenphase" vorüber sei, aber mindestens bis Jahresende, hieß es in der Mitteilung, die nach einer außerordentlichen Telefonkonferenz des EZB-Rates veröffentlicht wurde.
"Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen", erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Kurzbotschaftendienst Twitter. Es gebe "keine Limits bei unserem Einsatz für den Euro", fügte sie hinzu. "Wir sind entschlossen, innerhalb unseres Mandats das volle Potenzial unserer Werkzeuge zu nutzen."
Das Notfall-Anleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) soll nach Angaben der EZB dazu beitragen, dass alle Wirtschaftssektoren von besseren Finanzierungsbedingungen profitieren und damit den durch die Ausbreitung des Coronavirus ausgelösten "Schock absorbieren" können. Dies betreffe gleichermaßen Familien, Firmen, Banken und Regierungen.
Zugleich betonte die EZB, dass der Rat der Zentralbank als oberstes Beschlussorgan "alles Notwendige" tun werde und dazu bereit sei, den Umfang der Anleihekäufe aufzustocken - "so viel wie nötig und so lange wie nötig".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßte die "außergewöhnlichen" Maßnahmen der EZB. Nun sei es an den Ländern der Eurozone, größere "finanzielle Solidarität" an den Tag zu legen und bereit zu Eingriffen in die Staatshaushalte zu sein.
Die EZB hatte in der Vergangenheit bereits in der Finanz- und Staatsschuldenkrise eine zentrale Rolle gespielt, als sie mit einer Nullzinspolitik und dem massiven Kauf von Staatsanleihen dafür sorgte, dass in der Klemme steckende Euro-Länder sich weiter finanzieren konnten.
Lagardes Vorgänger Mario Draghi war dabei 2012 mit dem Satz "Was immer nötig ist" berühmt geworden. Mit diesem Statement sicherte er zu, dass die EZB im Rahmen ihres Mandats alles tun werde, um den Euro zu retten - Spekulanten nahm er damit Wind aus den Segeln.
In der Corona-Krise hatte die EZB bislang im Zuge ihrer regulären Ratssitzung am vergangenen Donnerstag unter anderem eine Krediterleichterung für kleine und mittlere Unternehmen beschlossen und außerdem eine Aufstockung der Anleihekäufe um insgesamt 120 Milliarden Euro bis Jahresende angekündigt.
An den Börsen hatte dies den drastischen Kursrutsch aber nicht stoppen können. Nach der EZB-Ankündigung des neuen Anleihekaufprogramms stiegen aber die Kurse in Asien deutlich an. In Tokio legte der Leitindex Nikkei um mehr als zwei Prozent zu, der breiter angelegte Topix stieg um fast drei Prozent.
Auch bei den zuletzt ebenfalls stark unter Druck geratenen Ölpreisen ging es nach oben: Der Wert eines Barrel (159 Liter) der US-Referenzsorte WTI legte im frühen Handel als Reaktion auf den EZB-Entscheid um 16 Prozent zu.
(O. Joergensen--BTZ)