Studie: Frauen verdienen im Leben nur halb so viel wie Männer
Frauen verdienen auf das gesamte Erwerbsleben gerechnet nur etwa halb so viel wie Männer. Zu diesem Schluss kommt eine am Dienstag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte Untersuchung eines Forschungsteams des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Freien Universität (FU) Berlin. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) nannte diese Einkommenslücke "unerhört" und forderte einen Kulturwandel in Unternehmen sowie gesetzliche Vorgaben.
Frauen in Westdeutschland kommen laut der Untersuchung in Preisen von 2015 gerechnet auf ein erwartetes durchschnittliches Lebenserwerbseinkommen von rund 830.000 Euro, während Männer mit durchschnittlich rund 1,5 Millionen Euro rechnen können. In Ostdeutschland liegt das Einkommen für Frauen bei rund 660.000 Euro und für Männer bei knapp 1,1 Millionen Euro. Damit beläuft sich die Lücke zwischen den Einkommen von Frauen und Männern für die heute Mitte 30-Jährigen auf 45 Prozent in West- und 40 Prozent in Ostdeutschland.
Die enormen Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern zeigen sich auch, wenn das Einkommen vor dem Hintergrund des Qualifikationsniveaus betrachtet wird: Bis zum Geburtsjahrgang 1974 erzielen laut der Studie hochqualifizierte Frauen im Durchschnitt nur so viel Erwerbseinkommen wie geringqualifizierte Männer. Jüngere Akademikerinnen können demnach immerhin ein ähnliches Lebenserwerbseinkommen wie mittelqualifizierte Männer erwarten.
Kinder mindern das Einkommen von Müttern deutlich, während es für Väter kaum Auswirkungen gibt. Mütter, die heute Mitte 30 sind, können laut Bertelsmann-Stiftung in Westdeutschland mit rund 580.000 Euro und im Osten mit 570.000 Euro rechnen. Damit verdienen sie demnach voraussichtlich rund 62 beziehungsweise 48 Prozent weniger als Männer.
Lediglich die Einkommen der kinderlosen Frauen nähern sich denjenigen der Männer an. Westdeutsche Frauen im Alter von Mitte 30, die keine Kinder haben, verdienen 13 Prozent weniger als Männer. Bei den ostdeutschen Frauen liegt der Unterschied bei drei Prozent.
Laut den Forschern erklärt sich die Hälfte der Einkommenslücke durch die stärkere Teilzeitarbeit sowie längere Auszeiten vom Arbeitsmarkt von Frauen. Eine wesentliche Rolle spielen dabei demnach die Kinderbetreuung sowie die Pflege Angehöriger. Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler die durchschnittlichen Lebenserwerbseinkommen vor Steuern, Abgaben und Transfers wie Eltern- oder Kindergeld für das 20. bis 60. Lebensjahr.
Bundesfrauenministerin Giffey kritisierte in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, es sei "unerhört, dass wir im 21. Jahrhundert noch über solche Unterschiede zwischen Männern und Frauen diskutieren müssen". Für sie sei klar: "Mit Appellen allein kommen wir hier nicht weiter." Es würden deshalb ein Kulturwandel in den Unternehmen, aber auch gesetzliche Vorgaben gebraucht.
"Ohne sie kommen wir in Sachen Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung nicht voran, und wenn, dann nur im Schneckentempo", zeigte sich die SPD-Politikerin überzeugt. Frauen hätten aber "Gleichstellung im Hier und Jetzt verdient".
(T. Jones--BTZ)