Koalition will Ärger über schärfere Düngeregeln mit "Bauernmilliarde" dämpfen
Im Streit um schärfere Düngeregeln will die große Koalition die Landwirte mit der Zahlung von einer Milliarde Euro für einen Zeitraum von vier Jahren besänftigen. Mit dieser "Bauernmilliarde" sollten "Härten für die Landwirtschaft verringert werden", sagte CSU-Chef Markus Söder. Der Bauernverband begrüßte die Ankündigung zwar als "starkes Signal der Wertschätzung", besteht aber weiter auf Korrekturen an der Düngeverordnung. Das Gesetz soll aber schon Freitag fertig vorliegen.
Die Spitzen der Koalition beschlossen bei ihrem Treffen im Kanzleramt, den Landwirten "innerhalb von vier Jahren insgesamt eine Milliarde Euro für Agrarumweltprogramme und Investitionen" zur Verfügung zu stellen. Damit wolle die Koalition sie beim "anstehenden Transformationsprozess" unterstützen.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erklärte am Donnerstag: "Uns ist wichtig, die Landwirtschaft zukunftsfähig aufzustellen. Und wer Erwartungen an die Branche formuliert, die im Allgemeininteresse liegen, der muss unseren Bauern auch helfen, diese zu erfüllen." Die Umsetzung neuer Anforderungen verursache Kosten - hiermit dürfe die Gesellschaft die Landwirte nicht alleine lassen. Sie kündigte "entsprechend ausgestaltete Programme" an, so dass das zusätzliche Geld "so einfach und pragmatisch wie möglich vor Ort ankommt".
"Geld allein löst die Herausforderungen nicht", erklärte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Er pochte auf Änderungen an der Düngeverordnung: "Fachliche Mängel" müssten behoben werden. Gleiches gelte für die Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz. Zehntausende Landwirte hatten in den vergangenen Wochen bundesweit gegen die geplanten schärferen Umweltauflagen protestiert.
Die verschärfte Düngegesetzgebung soll aber schon am Freitag vorliegen: Landwirtschafts- und Umweltministerium "werden einen konsentierten Entwurf für die Umsetzung der Düngeverordnung bis Freitag fertigstellen", hieß es in den Beschlüssen des Koalitionsausschusses.
Ziel sei, eine Klageerhebung der EU-Kommission abzuwenden. Der Europäische Gerichtshof hatte im Juni 2018 geurteilt, dass Deutschland gegen die europäische Nitratrichtlinie verstößt - die Belastung des Grundwassers ist vielerorts zu hoch. Grund dafür ist vor allem die Überdüngung. Die Bundesregierung hatte die Düngeverordnung erst 2017 novelliert, die EU-Kommission in Brüssel hält dies aber für nicht ausreichend. Sie pocht auf Nachbesserungen, Strafzahlungen von mehr als 800.000 Euro pro Tag drohen.
Der Vize-Fraktionschef der FDP im Bundestag, Frank Sitta, kritisierte, die angekündigte zusätzlichen Gelder entlarvten die Schönwetterpolitik der Union. Die "Bauernmilliarde" wirke vor dem Hintergrund der Verschärfung der Düngeverordnung wie Schweigegeld für den Berufsstand. "Statt dieser symbolischen Gesten haben die Bauern eine seriösere Agrarpolitik verdient."
Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Gero Hocker, sagte, statt Geld "nach Gutsherrenart" benötigten die Landwirte verlässliche Rahmenbedingungen und faire Behandlung. "Sie benötigen Investitionssicherheit, einheitliche Standards innerhalb Europas und Wertschätzung durch den Verbraucher sowie die Bereitschaft, angemessene Preise zu bezahlen." Bauern seien Unternehmer und nicht die Empfänger von vermeintlich gut gemeinten Almosen.
Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, forderte die Bundesregierung auf, die Verschärfung der Düngeverordnung bis Freitag zu liefern und "dann auch so" zu beschließen. "Sonst wird die Milliarde benötigt, um die Strafzahlungen in Höhe von 860.000 Euro zu finanzieren, die täglich fällig werden, wenn wir nicht endlich unsere Nitratbelastung zurückfahren."
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte, um zu einer wirklich umweltfreundlichen Landwirtschaft zu kommen, brauche es mehr als die 250 Millionen Euro im Jahr. "Beispielsweise könnten die knapp sechs Milliarden Euro aus Brüssel, die Deutschland jährlich im Rahmen der EU-Agrarpolitik zur Verfügung stehen, sinnvoll für die sozial-ökologische Agrarwende eingesetzt werden."
(D. Fjodorow--BTZ)