Bündnis fordert: Krise der Autoindustrie nicht auf Rücken der Beschäftigten austragen
Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden sowie evangelischer Kirche warnt davor, die Krise der deutschen Automobilindustrie auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen. Das Bündnis sozialverträgliche Mobilitätswende beklagte am Sonntag "fehlgeleitete unternehmerische Entscheidungen und eine verschleppte Transformation zur Elektromobilität". Es sieht "dringenden Handlungsbedarf".
Konkret fordert das Bündnis, dass die Unternehmen ihre Modellpolitik anpassen müssten. Es sei versäumt worden, "erschwingliche und ressourcensparende E-Fahrzeuge auf den Markt zu bringen", erklärte es. Dadurch blieben die Absatzzahlen hinter den Erwartungen zurück. Vor allem kleinere und für alle Einkommensschichten erschwingliche Fahrzeugmodelle müssten in Europa produziert werden.
Das Bündnis warnte davor, Standorte ins Ausland zu verlagern, wo geringere Umwelt- und Sozialstandards gelten und niedrigere Steuern und Löhne gezahlt werden. Ein solches Vorgehen gefährde "massiv den Rückhalt in Bevölkerung und Belegschaften für die dringend notwendige Transformation und verlagert Probleme, statt sie zu lösen".
Von der Politik forderte das Bündnis "klare Wegweiser für den Wandel in der Automobilindustrie". Diese sollten die Mobilitätswende, bezahlbare Flotten und Klimaschutz beschleunigen und außerdem "verunsicherten oder enttäuschten Beschäftigten eine Perspektive bieten".
Steuerliche Instrumente sollten stärker am CO2-Ausstoß orientiert werden, was den Verkauf verbrauchs- und emissionsarmer Fahrzeuge fördere. Staatliche Förderung solle zudem auch am produktions- und transportbedingten CO2-Fußabdruck ausgerichtet werden.
Das Bündnis schlug ein "soziales Leasingprogramm" vor, das den "dringend notwendigen" Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs auf dem Land ergänzen könne. Eine solche Förderung solle an sozialen und ökologischen Kriterien ausgerichtet werden und nur für Autos gewährt werden, die in Europa hergestellt werden. Außerdem forderte das Bündnis den Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur.
Die neue Bundesregierung solle nach der Wahl betroffene Regionen und die Zulieferindustrie unterstützen, hieß es in dem Papier weiter. So sollten neue Schlüsselbereiche angesiedelt werden und es solle einen Transformationsfonds für kleine und mittelständische Unternehmen sowie den Erhalt von Standorten geben.
Die Weiterbildung von Beschäftigten solle intensiviert werden. "Ziel muss eine nahtlose Beschäftigung mit vollem Rentenanspruch sein."
Die notwendige Transformation des Mobilitätssystems könne nur dann gelingen, wenn "auch die deutsche Automobilindustrie ihr Potenzial im Bereich nachhaltiger Mobilität ausschöpft und sich sozial, innovativ und zukunftsgerichtet aufstellt", erklärte das Bündnis. Es kritisierte, dass die Debatte "von kurzfristigen Nebelkerzen verzerrt wird".
Bereits vor einem Jahr hatte das Bündnis grundsätzlich eine strategische Neuausrichtung der deutschen Autoindustrie hin zu kleineren Fahrzeugmodellen mit Elektroantrieb gefordert.
In dem Bündnis haben sich Gewerkschaften und Gewerkschaftsverbände wie die IG Metall und der DGB mit Sozial-, Wohlfahrts- und Umweltverbänden wie VdK, VCD und BUND sowie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zusammengetan. Sie wollen auf diese Weise gemeinsam ihre Positionen zur Mobilitätswende vertreten.
O. Petrow--BTZ