Rufe nach Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung
Nach dem Bund der Steuerzahler haben auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und die Union angesichts voller Kassen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung gefordert. DIW-Chef Marcel Fratzscher nannte nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem Interview - eine Beitragssenkung aktuell mehr als "überfällig und sinnvoll". Sie würde helfen, die Lohnnebenkosten zu senken und so höhere Löhne ermöglichen, fügte er hinzu.
Vertreter der Union äußerten sich ähnlich. Die gute Arbeitsmarktentwicklung beschere der BA einen Milliardenüberschuss nach dem nächsten und ihre Rücklage sei randvoll, sagte der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke der Zeitung. "Die Sozialversicherung ist keine Sparkasse", fuhr er fort. "Wir wollen die Beitragszahler entlasten." Auch der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer forderte eine Entlastung. Rücklagen seien zwar sinnvoll. "Aber bei solchen Überschüssen müssen die entlastet werden, die das erwirtschaftet haben."
Der Überschuss bei der BA beläuft sich Schätzungen zufolge für das vergangene Jahr auf 5,5 Milliarden Euro. Grund für diese Entwicklung ist der florierende Arbeitsmarkt. Dadurch sind die Einnahmen der Behörde aus den Beiträgen höher als die Ausgaben. Der Bund der Steuerzahler forderte deshalb eine Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von derzeit drei Prozent auf 2,5 Prozent und argumentierte, dies könne auch ohne eine neue Regierung vom Bundestag beschlossen werden.
Skeptisch stehen diesen Forderungen die SPD sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gegenüber. Momentan sei "der falsche Zeitpunkt für Beitragssenkungsdebatten", sagte die SPD-Sozialexpertin Katja Mast gegenüber Medienvertretern. Der Haushalt 2018 der BA sei beschlossen und die Beratungen für den Haushalt 2019 stünden erst im kommenden Herbst an. "Davor gibt es eine Regierungsbildung, diese gilt es abzuwarten."
Auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte der Zeitung, es wäre "Unsinn, die finanziellen Möglichkeiten der Bundesagentur voreilig zu beschneiden". Die Arbeitslosenversicherung müsse nicht nur die Folgen von Finanzkrisen abfedern, sagte sie. Sie sei nur dann verlässlich, wenn sie möglichst viele Menschen schütze, statt sie in die Hartz-IV-Versorgung durchzureichen.
(D. Fjodorow--BTZ)