Flensburger Erotik-Unternehmen Beate Uhse (BU) ist pleite
Die Kunden sind ins Internet verschwunden, und dort ist die Konkurrenz hart: Das Flensburger Erotik-Unternehmen Beate Uhse (BU) ist pleite. Die Aktiengesellschaft, seit 1999 an der Börse, habe Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, teilte das Unternehmen nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG aktuell mit. Vorstandschef Michael Specht betonte, er wolle das Unternehmen in Eigenverwaltung sanieren und fortführen.
Jahrzehnte versorgte das Unternehmen aus Flensburg die Bundesbürger per Versandhandel mit Sexfilmen, Dessous und Sexspielzeug, die Läden in Deutschlands Innenstädten waren Publikumsmagneten. Mittlerweile ist der Katalogversand eingestellt, die Zahl der Filialen auf 43 geschrumpft. Online macht Beate Uhse mittlerweile mehr als ein Drittel des Umsatzes. Er betrug nach einer letzten "Zwischenmitteilung im zweiten Halbjahr 2016" insgesamt rund 100 Millionen Euro jährlich.
Grund für die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit ist, dass die Firma eine Anleihe nicht mehr bedienen konnte. Das Unternehmen hatte sie 2014 ausgegeben und dafür 30 Millionen Euro bekommen. Sie läuft bis 2019. In den vergangenen Monaten habe sich das Unternehmen um eine Umschuldung bemüht, erklärte Specht, und zudem mit Investoren über einen weiteren Finanzzuschuss verhandelt. Es "konnte zuletzt jedoch keine Einigung erzielt werden".
Specht betonte, die Insolvenz betreffe ausschließlich die Aktiengesellschaft und damit nur zehn Mitarbeiter, die nun die kommenden drei Monate Insolvenzgeld von der Bundesarbeitsagentur erhielten. Die Tochtergesellschaften hielten den Geschäftsbetrieb "uneingeschränkt aufrecht". Das Unternehmen hat insgesamt 345 Mitarbeiter in sieben Ländern. Der Vorstandschef übte harsche Kritik an seinen Vorgängern: Das Unternehmen habe in den letzten Jahren unter zahlreichen Managementwechseln und massiven strategischen Fehlentscheidungen gelitten, erklärte Specht.
"Der Ausbau des Online-Handels wurde zögerlich und unsystematisch betrieben, wichtige Entwicklungen im stationären Handel wurden verpasst, die Produktpolitik war nicht strategisch, sondern zufällig und reaktiv. Die Verkaufskanäle online und Filialen führten ein asynchrones Eigenleben, anstatt den Kunden kanalübergreifend ein nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten." So seien in Deutschland "signifikant" Marktanteile verloren gegangen. In Frankreich dagegen sei Beate Uhse noch Marktführer.
Ein Neuanfang "in eine nachhaltig positive Zukunft" sei aber möglich, erklärte Specht. Die "wesentlichen Gläubiger" des Unternehmens stünden der Sanierung positiv gegenüber und hätten ihre Unterstützung zugesagt. Und Beate Uhse stehe für über 70 Jahre Branchenerfahrung und Expertise in der Erotikbranche.
Im Jahr 1946 hatte alles angefangen: Luftwaffenfliegerin Beate Uhse brachte eine kleine Aufklärungsbroschüre über Verhütung heraus, die sogenannte "Schrift X". 1951 wurde das Versandhaus Beate Uhse ins Handelsregister Flensburg eingetragen, schon 1960 gab es eine Million Uhse-Kunden. 1962 eröffnete Beate Uhse den ersten Sex-Shop der Welt. Schon kurz nach dem Börsengang 1999 wurden ein Fünftel des Geschäfts über das Internet abgewickelt.
Die Unternehmerin musste den Niedergang ihrer Firma zum Glück nicht mehr miterleben. Sie starb bereits im Jahre 2001, im Alter von 81 Jahren.
(S.Sokolow--BTZ)