BGH: Bausparkassen dürfen Bausparverträge nach 10 Jahren kündigen
Es ist ein wahrhaft bitteres Urteil für bundesdeutsche Verbraucher und sicher fragt sich so mancher Bürger, hatten die Bausparkassen gute Lobbyisten?
Bausparkassen dürfen nach einem Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof, Bausparverträge kündigen, wenn Kunden die Darlehen auch zehn Jahre nach Zuteilungsreife noch nicht abgerufen haben. Mit diesem Grundsatzurteil machte der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag die Hoffnung von hunderttausenden Bausparern auf weiter hohe Zinsen durch ihre Altverträge zunichte.
Die Verbraucherzentrale Bremen rechnete nun mit weiteren Kündigungen. Gleichzeitig wird damit dem Kunden die Last aufgebürdet, im Falle von wirtschaftlichen Veränderungen – sein Obolus an dergleichen Veränderungen zu tragen, was eigentlich die Bausparkassen hätten – VOR – Abschluss der Verträge tun müssen.
Unumstritten war bislang, dass Bausparkassen Verträge kündigen dürfen, die vom Kunden voll bespart wurden – und der Kunde deshalb gar kein Darlehen mehr braucht. Die neueren Kündigungen zielen dagegen auf Bausparverträge, bei denen Kunden die gesamte Bausparsumme zwar noch nicht einbezahlt haben, die aber seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Im Streit um solche Kündigungen sind beim BGH mittlerweile über hundert Verfahren anhängig. In einem der beiden aktuellen Fälle hatte ein Ehepaar 1999 bei der Bausparkasse Wüstenrot zwei gut verzinste Bausparverträge über umgerechnet rund 100.000 Euro abgeschlossen. Die Verträge wurden 2001 zuteilungsreif, die gesamte Bausparsumme war aber bis 2015 noch nicht erreicht. Hartmut Schwarz, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen, erwartet nun weitere Kündigungen: "Bausparkassen werden nun erst Recht auf massenhafte Kündigung von Bausparverträgen setzen, um Kunden loszuwerden", erklärte er. "Sobald Verträge zuteilungsreif werden, rollt nach zehn Jahren die nächste Kündigungswelle auf Verbraucher zu."
Die Grünen-Politiker Nicole Maisch und Gerhard Schick sprachen von einem sehr schlechten Tag für Verbraucher, dieser Aussage muss sich sachlich gesehen - an dieser Stelle BERLINER TAGESZEITUNG anschließen. "Es wird deutlich, dass es auf Ebene der Gesetzgebung nach wie vor eine Ungleichbehandlung von Verbrauchern und Unternehmen gibt", erklärten sie. Die Bundesregierung habe Bausparer "allein zurückgelassen", während es ihr an anderer Stelle "nicht schnell genug gehen" könne, Kreditinstituten "zur Seite zu stehen". (URTEIL - Aktenzeichen: XI ZR 272/16 u. XI ZR 185/16) (L-Kowalyova--BTZ)