Immer mehr Bahnkunden fordern Entschädigung
Die Deutsche Bahn muss immer mehr Entschädigungen an ihre Kunden zahlen. Wie die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion antwortete, bearbeitete die Bahn im vergangenen Jahr mehr als 2,3 Millionen Entschädigungsforderungen. Das ist deutlich mehr als jeweils in den neun vorhergehenden Jahren. 2010 waren erst 991.000 Forderungen bei der Bahn eingegangen. Zuerst hatte am Montag das "Handelsblatt" über die Zahlen berichtet.
Wie die Bahn selbst mitteilte, musste sie im vergangenen Jahr 2,7 Millionen Reisenden eine Entschädigungssumme von insgesamt 53,6 Millionen Euro auszahlen. Im Jahr 2017 waren es 34,6 Millionen Euro an 1,8 Millionen Reisende, ein Jahr zuvor 24,6 Millionen Euro an 1,5 Millionen Fahrgäste. Die Unterschiede zwischen den Angaben der Bahn und der Bundesregierung stammen daher, dass eine Entschädigungsforderung mehrere Reisende betreffen kann, etwa bei einem Gruppenticket.
Wie eine Bahnsprecherin sagte, stiegen die Fälle im Vergleich zum Vorjahr aufgrund "vieler externer Einflüsse" an: Zum einen waren dies witterungsbedingte Ursachen, wie etwa der Sturm "Friederike" im Januar oder die ausgeprägte Trockenheit im Sommer, die zu mehreren großen Böschungsbränden führte.
Auch der Brand eines ICE-Zuges im Oktober habe eine "wochenlange Streckensperrung und viele Verspätungen" auf der wichtigen Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt am Main nach sich gezogen. Auch der Warnstreik im Dezember sei Ursache für "massive Verspätungen und Ausfälle gewesen, die zahlreiche Entschädigungszahlungen nach sich zogen".
Dabei könnten sich Bahnreisende laut der Sprecherin noch glücklich schätzen, dass sie überhaupt einen Teil des Fahrpreises erstattet bekommen: "Im Gegensatz zu anderen Verkehrsträgern wie Flugzeug oder Fernbus entschädigt die Deutsche Bahn ihre Kunden auch in solchen Fällen, in denen höhere Gewalt Verspätungen oder Ausfälle verursacht."
Im Jahresschnitt kam nach Angaben der Bahn 2018 jeder vierte ICE, Intercity und Eurocity laut Bahn-Angaben zu spät. Im Nahverkehr war es nur jeder sechzehnte Zug. Als unpünktlich gilt ein Zug mit einer Verspätung von mehr als fünf Minuten. Dabei muss die Bahn erst ab einer Verspätung von mehr als einer Stunde Entschädigungen zahlen - und die Bahnreisenden müssen ihre Entschädigung selbst postalisch in einem Formular einfordern.
"Dass Geschädigte das Fahrgastrechte-Formular ausdrucken und per Briefpost zusenden müssen, ist nicht mehr zeitgemäß, sondern geradezu antiquiert", kritisierte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Marion Jungbluth, im "Handelsblatt". Die Summe der Entschädigungen wäre "wohl noch höher, wenn die Deutsche Bahn den Fahrgästen eine online-basierte Möglichkeit für einen Erstattungsantrag bieten würde", sagte sie.
Jungbluth sieht den Bund als Eigentümer des Bahnkonzerns in der Pflicht, für Verbesserungen zu sorgen. "Der Eigentümer muss beim Bahnvorstand Druck machen und bis spätestens Sommer einen online-basierten Erstattungsantrag einfordern", sagte sie dem "Handelsblatt."
(D. Meier--BTZ)