Heftiger Warnstreik legte bundesweiten gesamten Zugverkehr lahm
Einer der heftigsten Warnstreiks der vergangenen Jahre hat den Fernverkehr der deutschen Bahn am Montag zeitweise komplett lahmgelegt. Nach vier Stunden Ausstand am frühen Morgen lief der Bahnverkehr erst "nach und nach" wieder an, wie die Bahn mitteilte. Pendler und Bahn-Reisende müssen zumindest kurzfristig nicht mit weiteren Warnstreiks rechnen: Die Gewerkschaft EVG und Bahn wollen sich voraussichtlich am Dienstagnachmittag wieder an den Verhandlungstisch setzen.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte von 05.00 bis 09.00 Uhr zum Warnstreik aufgerufen, um ihrer Lohnforderung in der laufenden Tarifrunde Nachdruck zu verleihen. Mehrere tausend Mitglieder nahmen demnach daran teil. "Die Wucht des Warnstreiks hat gezeigt, wie groß der Unmut der Kolleginnen und Kollegen ist", erklärte der Bundesgeschäftsführer der EVG, Torsten Westphal. "Wir denken eben auch, dass es ein deutliches Zeichen Richtung Bahnvorstand war, der sich nun zu bewegen hat".
Die Bahn hatte in der Hauptverkehrszeit am Morgen bundesweit den Fernverkehr eingestellt. Regional kam es in zahlreichen Bundesländern zu massiven Einschränkungen: In Bayern wurde der Zugverkehr nahezu vollständig eingestellt. Weitere Schwerpunkte des Warnstreiks waren laut Bahn der Großraum Mannheim und die Strecke Karlsruhe-Pforzheim in Baden-Württemberg, der Großraum Essen/Dortmund in Nordrhein-Westfalen, die Strecke Schwerin-Rostock in Mecklenburg-Vorpommern sowie in Norddeutschland die Strecke Hamburg-Harburg-Cuxhaven.
Auch der S-Bahn-Verkehr in Ballungsräumen wie Berlin, München, Hannover und Frankfurt am Main war betroffen. Bundesweit standen insgesamt über 1400 Züge der Deutschen Bahn still, darunter auch Güterzüge. Weil die Deutsche Bahn den größten Teil des Zugverkehrs in Deutschland kontrolliert, waren mittelbar auch andere Bahngesellschaften von dem Streik betroffen.
Die Bahnkunden mussten noch den gesamten Montag mit Einschränkungen im Fern- und auch im Regionalverkehr rechnen. Reisenden wurde empfohlen, nach Möglichkeit auf den Dienstag auszuweichen. Fernverkehrstickets mit Gültigkeit Montag können bis einschließlich kommenden Sonntag genutzt werden.
Aufgrund der unterschiedlichen Bestimmungen in den Verkehrsverträgen sei für den Regional- und Nahverkehr eine einheitliche Regelung nicht möglich, erklärte die Bahn. Der Konzern schaltete eine kostenlose Streik-Hotline frei. Bis in die Mittagsstunden nutzten sie rund 12.000 Anrufer.
Die EVG erklärte, dass die Bahn sie unmittelbar nach Ende des Warnstreiks aufgefordert habe, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Gewerkschaft prüfe derzeit, ob sie Dienstagnachmittag wieder mit den Arbeitgebern verhandeln könne. Wie ein Sprecher sagte, habe die Bahn noch kein neues schriftliches Angebot vorgelegt. "Ich gehe aber davon aus, dass das morgen passieren wird".
Eine Bahnsprecherin sagte: "Wir haben den Verhandlungstisch nie verlassen. Wir haben der Gewerkschaft signalisiert, dass wir bereit sind, ein weiteres Angebot vorzulegen". Die Bahn freue sich, dass wieder Ruhe einkehre und entschuldige sich bei allen Kunden für die Unannehmlichkeiten.
Die EVG hatte am Samstag die Tarifverhandlungen in Hannover abgebrochen und angekündigt, diese erst nach einem verbesserten Angebot der Deutschen Bahn wieder aufzunehmen. Die Gewerkschaft fordert 7,5 Prozent mehr Geld. Die Deutsche Bahn legte nach eigenen Angaben ein "Sieben-Prozent-Paket" vor.
(W. Winogradow--BTZ)