Regierung wehrt sich gegen Kritik an geplanter automatischer Fahrverbotskontrolle
Die Bundesregierung wehrt sich gegen Kritik an der geplanten automatischen Kontrolle von Fahrverboten. Der Bund komme mit der geplanten Gesetzesänderung lediglich dem "Wunsch der Kommunen entgegen, eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen", sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Mittwoch und wies zudem Datenschutzbedenken zurück. Rückendeckung gab es vom Städte- und Gemeindebund, der vor "Panikmache" warnte. Opposition und Datenschützer kritisieren die Pläne hingegen scharf.
Mit einer Änderung des Straßenverkehrsgesetzes will die Bundesregierung künftig eine elektronische Massenüberwachung ermöglichen, um die Einhaltung von Fahrverboten zu kontrollieren, wie sie zuletzt für immer mehr Städte angeordnet worden waren. Der Entwurf passierte Anfang November das Kabinett und muss nun ins Parlament. Dabei geht es darum, dass die zuständigen Behörden für Kontrollen bestimmte Daten von Fahrzeugen erheben, speichern und verwenden sowie auf das Zentrale Fahrzeugregister zugreifen können.
Die Regierung schaffe nun einen Rechtsrahmen für die "Automatisierung bestehender Kontrollmöglichkeiten", sagte der Ministeriumssprecher. Für die konkrete Verkehrsüberwachung seien dann die Kommunen zuständig. Die erhobenen Daten würden "zum Zweck von Verstößen eingesetzt" und danach "unverzüglich gelöscht". Justiz- und Innenministerium sowie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hätten dem Entwurf zugestimmt.
Auch Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ), in einem aktuellen Interview, bei dem Vorschlag zur "videogestützten Überwachung von Fahrverbotszonen findet eine kontinuierliche, dauerhafte Datenerfassung nicht statt". Nur bei Verstößen würden die Kennzeichen erfasst und die Daten abgeglichen, um das Delikt zu ahnden. Ein "automatisiertes Scannen von Nummernschildern" wäre ein "geeignetes Verfahren, um die Kontrollen schnell, effizient und unbürokratisch umzusetzen".
Damit widersprach Landsberg klar dem Deutschen Städtetag. "Dauerhaft Erfassungssäulen und Kameras im Straßenraum aufzustellen, dem stehen die Städte kritisch gegenüber", hatte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy nach BTZ-Information gesagt. Geräte wie bei Maut-Kontrollen auf Autobahnen gebe es in Städten gar nicht. Den Ordnungsbehörden und der Polizei fehle bisher "jegliche Technik für eine automatische Fahrzeugerfassung, so sie denn datenschutzrechtlich zulässig wäre".
Daran haben Datenschützer und Opposition allerdings erhebliche Zweifel. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz erklärte, die geplante "Totalerfassung ist unverhältnismäßig". Außerdem sei die vorgesehene Regelung "wegen ihrer Unbestimmtheit verfassungswidrig", denn es sei unklar, welche Datenverarbeitung tatsächlich angewandt werden solle.
Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar verwies nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview auf eine vorgesehene "nicht näher begründete Löschungsfrist von sechs Monaten" - das sei nicht verhältnismäßig. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warf Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor, Autofahrer "pauschal zu kriminalisieren" und deren "Massenüberwachung in Kauf" zu nehmen.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte in einem TV-Interview ebenfalls, er halte den Vorschlag für eine automatische Fahrverbotsüberwachung für "total problematisch" und warnte vor "Datenschutzchaos". Mit der blauen Plakette gebe es für saubere Fahrzeuge außerdem eine "einfache Lösung". Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) gab zu bedenken, dass die Polizei bei schwerster Kriminalität keine Mautdaten nutzen dürfe, für Fahrverbote Kennzeichendaten aber genutzt werden sollten.
(O. Karlsson--BTZ)