Ökonomen sehen nach US-Wahlen weiter Risiken für Europa
Der Teilsieg der Demokraten bei den Kongresswahlen in den USA, der Präsident Donald Trump künftig das Regieren erschwert, bietet nach Einschätzung deutscher Wirtschaftsforscher keinen Anlass für Optimismus. "Es wird ungemütlich für Trump, aber nicht besser für Europa", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, am Mittwoch nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. In der Handelspolitik werde sich wenig ändern - "viele Demokraten sind eher protektionistisch orientiert."
Es könne sogar sein, dass US-Präsident Donald Trump "noch aggressiver wird, wenn er innenpolitisch unter Druck gerät", sagte Fuest. So werde Trump angesichts der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus weitere Steuersenkungen nicht durchsetzen können.
Zudem geht Fuest davon aus, dass im März 2019 die Obergrenze für die Staatsschulden in den USA erhöht werden müsse. "Die Demokraten könnten dafür Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits verlangen, also eventuell Steuererhöhungen", sagte der Ifo-Chef. "All das bedeutet, dass der schuldenfinanzierte Boom in den USA schneller enden könnte als bislang erwartet."
Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, zog eine ernüchternde Bilanz des Wahlausgangs. Da Trump in der Innenpolitik an Gestaltungsspielraum verliere, könne er in der Außenwirtschaftspolitik "noch entschiedener" auftreten, sagte er nach BTZ-Information weiter dazu. Für die Europäer seien die Risiken deshalb nicht gesunken, sagte er. Schließlich herrsche "beim Handelskrieg zwischen den USA und der EU nur ein Waffenstillstand, aber noch kein Friede."
Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatten sich bei einem Treffen im Juli in Washington auf einen gemeinsamen Kurs zur Beilegung der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU verständigt. Trump wirft der EU ebenso wie China und weiteren Ländern unfaire Handelspraktiken zum Nachteil der USA vor.
Trump und Juncker vereinbarten unter anderem, auf einen fast vollständigen Abbau von gegenseitigen Restriktionen im Handel mit Industriegütern hinzuarbeiten. Die vom US-Präsidenten angedrohten Zölle auf europäische Autos sind vorerst ausgesetzt.
Für die EU komme es nach den Kongresswahlen nun darauf an, "Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen und auf ihn zuzugehen", sagte Krämer weiter. Die EU solle anbieten, ihre Autozölle auf das niedrigere US-Niveau zu senken. Außerdem sollten die Europäer ihre Verteidigungsausgaben auf das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben. Die EU müsse "alles tun, um einen Handelskrieg zu vermeiden, der für das Autoland Deutschland desaströse Folgen hätte."
(D. Fjodorow--BTZ)