Zahlreiche Wegwerfprodukte aus Plastik sollen in der EU verboten werden
Mit einem Verbot von Trinkhalmen, Einweggeschirr, Wattestäbchen und anderen Wegwerfprodukten aus Plastik will die EU der Verschmutzung der Ozeane durch Kunststoffmüll den Kampf ansagen. Einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission hat das Europaparlament am Mittwoch in erster Lesung zugestimmt. Für die Neuregelung stimmten 571 Abgeordnete, 53 votierten dagegen und 34 enthielten sich.
Die geplante Neuregelung sieht vor, eine Reihe von Einwegprodukten, für die es bereits Alternativen gibt, ab 2021 ganz aus der EU zu verbannen. Für Verpackungen oder Trinkbecher, die nicht unter das Verbot fallen, fordert das Parlament ein Reduktionsziel von 25 Prozent bis 2025.
Die Parlamentarier weiteten die von der Kommission vorgelegte Produktliste noch aus: Nach ihrem Willen sollen auch dünne Plastiktüten und geschäumte Polystyrol-Einwegbehälter, die etwa in Fast-Food-Restaurants verwendet werden, unter das Verbot fallen. Außerdem fordert das Europaparlament, die Zahl der Zigarettenfilter, die Plastik enthalten, bis 2025 um 50 und bis 2030 um 80 Prozent zu reduzieren.
Plastikflaschen sollen der Vorlage zufolge separat gesammelt werden. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten die Auflage bekommen, bis 2025 Einweg-Plastikflaschen zu 90 Prozent wiederzuverwerten. Neu verkaufte Flaschen sollen dann zu mindestens 35 Prozent aus recyceltem Material bestehen - damit wertvolle Rohmaterialien nicht verschwendet werden.
Die EU-Staaten sollen zudem dafür sorgen, dass mindesten 50 Prozent der Fischernetze, die in den Meeren treiben, eingesammelt werden. Bis 2025 soll dafür eine Recyclingquote von mindestens 15 Prozent vorgeschrieben werden.
Ferner verlangt das Europaparlament, dass die Hersteller von Zigaretten und Fischereigeräten an den Kosten für das Sammeln, Recyceln sowie die Säuberung der Meere und Strände beteiligt werden. Ein einziger Zigarettenfilter könne zwischen 500 und Tausend Liter Wasser verschmutzen und benötige bis zu zwölf Jahre, um sich aufzulösen, begründete das Parlament diese Forderung.
Europa sei zwar nur für einen kleinen Teil des Plastikmülls in den Ozeanen verantwortlich, sagte die Berichterstatterin, die belgische Liberale Fréderique Ries. Die EU könne und solle aber eine Schlüsselrolle beim Entwickeln von Lösungen spielen.
"Vermüllte Strände und Meere bedrohen Natur und Tiere", betonte der SPD-Umweltexperte Jo Leinen. Die neuen Vorschriften zielten auf 70 Prozent der Plastikabfälle ab, die an europäischen Stränden gefunden werden. "Wir müssen die Art und Weise, wie wir Kunststoffe produzieren und konsumieren, ändern", sagte der CDU-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz. Mit der Neuregelung solle die Industrie zu umweltfreundlichen Innovationen gedrängt werden.
Die Umweltminister der EU-Staaten wollen sich nach Angaben eines Diplomaten in Brüssel noch vor Jahresende auf eine gemeinsame Position verständigen. Danach können die Verhandlungen zwischen Vertretern des Parlaments, der Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission beginnen. Das Europaparlament hofft auf eine definitive Verabschiedung vor der Europawahl im Mai. Anschließend haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um die neuen Vorschriften ins nationale Recht umzusetzen.
Nach Angaben der Brüsseler Kommission fallen in der EU jährlich 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Mit 37,4 Kilo pro Einwohner produziert Deutschland davon deutlich mehr als der EU-Durchschnitt (31,1 Kilo pro Einwohner). EU-weit wird derzeit weniger als ein Drittel des entsorgten Plastiks derzeit recycelt.
Nicht ordnungsgemäß entsorgter Plastikmüll landet zum Großteil im Meer. Einer Studie des US-Wissenschaftsmagazins "Science" zufolge sind das jährlich rund acht Millionen Tonnen. Laut EU-Kommission bestehen 85 Prozent des Mülls in den Meeren aus Plastik. Die Hälfte davon sind demnach Einwegprodukte, ein Viertel stammt von Fischern. Über die Nahrungskette gelangt der Müll auch zurück auf die Teller der Verbraucher. Experten befürchten, dass es 2050 mehr Plastik als Fisch in den Weltmeeren geben könnte.
(S. Soerensen--BTZ)