Bundesarbeitsminister Heil will Betriebsrat bei Ryanair möglich machen
Im Konflikt über die Arbeitsbedingungen bei Ryanair will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Beschäftigten der irischen Billigfluggesellschaft mehr Mitbestimmung verschaffen. Heil schlug dafür am Freitag eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vor, um so die Gründung eines Betriebsrates bei der Airline zu ermöglichen. "Eine Betriebsratsgarantie für die Luftfahrt wäre ein Meilenstein für die Rechte des Personals zum Beispiel bei Ryanair", sagte Heil.
"Ausbeutung darf in Deutschland kein Geschäftsmodell sein", forderte der Minister bei einem Treffen mit Ryanair-Mitarbeitern am Flughafen in Frankfurt am Main gemeinsam mit Verdi-Chef Frank Bsirske. Durch die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes soll die Gründung eines Betriebsrates auch dann möglich sein, wenn dieser nicht durch einen Tarifvertrag zustande kommt.
Nach Angaben der Vereinigung Cockpit (VC) haben Piloten und Flugbegleiter bislang keine Möglichkeit, einen Betriebsrat zu wählen, wenn der Arbeitgeber sich dem verweigert. Auch für die 20.000 Piloten und Flugbegleiter bei Ryanair existiere "bis heute kein betriebliches Mitbestimmungsgremium". "Arbeitgeber nutzen dieses Schlupfloch für ihre Zwecke aus", kritisierte der Präsident der Vereinigung Cockpit (VC), Martin Locher.
Bei Ryanair kommt es seit Monaten in verschiedenen Ländern immer wieder zu Streiks von Piloten und Flugbegleitern. Die Beschäftigten fordern höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaften verlangen vor allem, dass der Billigflieger jeweils nationales Arbeitsrecht anwendet. Ryanair weist die Vorwürfe schlechter Arbeitsbedingungen zurück.
Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Uwe Schummer, erklärte, die betriebliche Mitbestimmung sei "fester Bestandteil der gesellschaftlichen Kultur und die produktive Kraft des sozialen Friedens in unserem Land". Unternehmen, die ihren Beschäftigten sowohl Tarifverträge als auch betriebliche Interessenvertretungen aktiv verweigerten, seien "rückwärtsgewandt und verspielen das wichtigste Potenzial, den Menschen".
Der hessische SPD-Spitzenkandidat und stellvertretende Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel erklärte, die SPD wolle nun ganz konkret gesetzlich dafür sorgen, dass die Lage verbessert werde. "Radikal-Kapitalismus hat seine erbitterten Gegner in deutschen Arbeitnehmerrechten und deren Erfindern: Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten", sagte er.
Der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Pascal Meiser, begrüßte, dass Arbeitsminister Heil "jetzt endlich reagiert und mit einer eigenen Initiative den gleichen Weg einschlägt wie die Linke". Sollte sich Ryanair weiterhin "nicht an deutsches Recht und Gesetz halten, muss die Bundesregierung harte Kante zeigen und dem irischen Billigflieger die Start- und Landerlaubnis entziehen", forderte er.
Ryanair gab unterdessen bekannt, dass mit der portugiesischen Pilotengewerkschaft SPAC eine Vereinbarung unterzeichnet worden sei. Ryanair erwarte zudem "in Kürze" auch ein Abkommen in Spanien. Die jüngste Welle von Airline-Insolvenzen in Europa habe den Tarifverhandlungen in den letzten Wochen "einen erheblichen Impuls verliehen", erklärte Marketing-Chef Kenny Jacobs. "Die Piloten und Kabinenbesatzungen von Ryanair erkennen an, dass sie eine bessere Bezahlung, bessere Dienstpläne und eine wesentlich bessere Arbeitsplatzsicherheit genießen als ihre Kollegen bei vielen anderen EU-Fluggesellschaften."
(S. Sokolow--BTZ)