Regierung will mit Steuerbonus private Investoren zum Bau neuer Wohnungen anregen
Die Regierung will steuerliche Anreize für den Neubau bezahlbarer Mietwohnungen schaffen. Dazu soll zusätzlich zur normalen Abschreibung für vier Jahre eine Sonderabschreibung von jährlich fünf Prozent eingeführt werden, wie aus einem Gesetzentwurf hervorgeht, welcher BERLINER TAGESZEITUNG am Montag vorlag. Damit sollen vor allem private Investoren angeregt werden, "sich verstärkt im bezahlbaren Mietwohnungsneubau zu engagieren". Die IG BAU erwartet ein "deutlich zu schwaches Wohnungsbaujahr" 2018.
Der Gesetzentwurf soll am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden. BERLINER TAGESZEITUNG hatten am Montag darüber berichtet. Die Sonderabschreibung ist im Koalitionsvertrag vorgesehen und Teil einer von der Regierung gestarteten Wohnraumoffensive, mit der zusätzlich insgesamt 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime gebaut werden sollen.
Der "Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen sowie die steigenden Mieten" seien Grund für die geplanten Steueranreize, heißt es im Gesetzentwurf weiter. Angeregt werden soll nun sowohl der Neubau von Gebäuden als auch der Neubau von Wohnungen in bestehenden Gebäuden. Ziel sind Mietwohnungen im "unteren und mittleren Mietpreissegment".
Die geplante Sonderabschreibung kann für vier Jahre in Anspruch genommen werden. Sie ist allerdings zweifach befristet: Wer den Steuerbonus bekommen will, muss laut Gesetzentwurf zwischen dem 1. September 2018 und dem 31. Dezember 2021 einen Bauantrag für eine neue Wohnung stellen. Außerdem kann die Sonderabschreibung letztmalig im Jahr 2026 in Anspruch genommen werden. So sollen Anreize gesetzt werden, Wohnungen "spätestens im Jahr 2023" fertigzustellen, um den vollen Zeitraum ausschöpfen zu können.
Voraussetzung für den Steuerbonus ist außerdem, dass die Baukosten 3000 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen und dass sie für mindestens zehn Jahre für Wohnzwecke vermietet wird. Luxuswohnungen sind "vollständig von der Förderung ausgeschlossen".
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) beklagte am Montag, dass derzeit deutlich zu wenig Wohnungen gebaut würden. Es werde in diesem Jahr nicht einmal die Marke von 300.000 Neubauwohnungen erreicht. Die Gewerkschaft forderte daher vor dem am Freitag anstehenden Wohngipfel einen Kurswechsel in der Wohnungsbaupolitik. An dem Gipfel nehmen Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Mieterbund, Gewerkschaften und Bauwirtschaft teil.
Um das 1,5-Millionen-Ziel der Regierung in dieser Legislatur zu erreichen, müssten pro Jahr 375.000 Wohnungen gebaut werden, mahnte IG-BAU-Chef Robert Feiger. Ihr erstes Regierungsjahr werde die große Koalition nun schon mit einem Defizit abschließen. Der Bund müsse deshalb wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen und verlässliche Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft schaffen, forderte die Gewerkschaft. So müssten Produktionskapazitäten müssten aufgebaut und auch Fachkräfte ausgebildet werden.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview vom Montag ebenfalls, es bestehe ein Bedarf von bis zu 400.000 Wohnungen im Jahr. Das werde nicht erreicht. Außerdem nehme die Zahl der Sozialwohnungen ab. "Jährlich verlieren etwa 70.000 Wohnungen den Sozialstatus, weil die festgelegten Förderzeiträume auslaufen", sagte er. "Hier brauchen wir eine Umkehr, auch mit zusätzlichen Mitteln von Bund und Ländern."
(K. Petersen--BTZ)