VW-Lobbyist ist ein beurlaubter Beamter des Auswärtigen Amtes
Der kommissarische Chef-Lobbyist des VW-Konzerns, Jens Hanefeld, ist nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ) zufolge zugleich Beamter des Auswärtigen Amtes. Der Leiter der Abteilung Internationale und Europäische Politik bei VW arbeite seit 2014 als Lobbyist für den Autobauer, dafür habe ihm das Auswärtige Amt Sonderurlaub genehmigt, erfuhr BTZ am Donnerstag. Die Grünen kritisierten die fehlende Distanz der Bundesregierung zur Autoindustrie.
Hanefeld selbst wollte sich gegenüber dem Magazin nicht äußern. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes teilte auf Anfrage von "Panorama" mit, zum Austausch von Beamten mit der Wirtschaft gebe es klare Regelungen, die eingehalten würden. "Es ist auch ein Instrument, um das Kennenlernen zwischen wirtschaftlichem und ministeriellem Tätigwerden zu regeln. Und das ist eigentlich auch in diesem Fall der Fall."
"Panorama" zitierte aus einem Mailwechsel zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Autokonzern während der VW-Dieselaffäre aus dem Jahr 2015. Anlass des Mailwechsels war demnach ein bevorstehendes Treffen zwischen dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und seinem US-Kollegen John Kerry im September 2015. Das Auswärtige Amt schrieb demnach in einer Mail an VW, unter anderem an Hanefeld: "Wir brauchen sehr eilig eine Stellungnahme von VW (…). Zumindest kurze Sprachregelung."
In einer weiteren Mail heißt es: "Wir haben den Leiter Regierungsbeziehungen bei Volkswagen und unseren Kollegen Jens Hanefeld befasst, der sich dort um den Fall kümmern soll." Eine Mail war demnach zugleich auch an Thomas Steg gerichtet, den derzeit beurlaubten Cheflobbyisten von VW. Steg war früher stellvertretender Regierungssprecher. Hanefeld übernahm im vergangenen Januar kommissarisch dessen Aufgaben als VW-Cheflobbyist.
Volkswagen hatte im September 2015 unter dem Druck der US-Behörden zugegeben, weltweit in rund elf Millionen Dieselautos unterschiedlicher Marken die illegale Software zur Manipulation der Abgaswerte eingebaut zu haben. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, kritisierte die Personalie Hanefeld. Es zeige sich, dass die Bundesregierung keine Distanz zur Automobilindustrie habe, sondern "man sich quasi als eine Einheit" sehe, sagte er hierzu.
Gregor Hackmack von Abgeordnetenwatch monierte: "Man kann bei dieser Affäre schon fragen, ob das im Interesse der Allgemeinheit ist." Denn am Ende seien viele tausend Menschen in Deutschland und in den USA geschädigt und betrogen worden. "Und da gehört es sich für die Regierung, Abstand zu halten und nicht noch sozusagen die eigenen Mitarbeiter auszuleihen beziehungsweise in den Sonderurlaub zu schicken, um für Konzerne zu arbeiten."
Der Gesetzgeber hat für einen Austausch von Beamten mit der Wirtschaft laut "Panorama" in der Regel einen Sonderurlaub von drei Monaten vorgesehen. Sonderurlaub für mehr als drei Monate werde laut Verordnung über den Sonderurlaub für Beamtinnen und Beamte nur in "besonders begründeten Fällen" gewährt.
Das Auswärtige Amt sieht die besondere Begründung für den Sonderurlaub Hanefelds in der "Steigerung der Kompetenzen im Außenwirtschaftsbereich, der Außenwirtschaftsförderung sowie zum gegenseitigen Verständnis von Wirtschaft und Auswärtigem Amt".
VW wies gegenüber aktuell darauf hin, "dass Herr Hanefeld für seine derzeitigen Aufgaben bei der Volkswagen AG vom Auswärtigen Dienst beurlaubt ist und in dieser Zeit selbstverständlich keine hoheitlichen Funktionen ausübt".
(H. Müller--BTZ)