FDP und Grüne zweifeln an Praxistauglichkeit der Musterfeststellungsklage
FDP und Grüne haben Zweifel an der Praxistauglichkeit der Musterfeststellungsklage geäußert, die am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Der Gesetzesentwurf des Justizministeriums lasse "zentrale Fragen unbeantwortet", sagte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG vom Dienstag. Die Musterfeststellungsklagen entlasteten die Justiz "nicht bei ihren langwierigen Verfahren", kritisierte die Grünen-Verbrauchschutzexpertin Renate Künast.
Mit der Musterfeststellungsklage sollen Verbraucher erstmals die Möglichkeit bekommen, gemeinsam vor Gericht auftreten zu können und dort von ausgewählten Verbänden wichtige Rechtsfragen klären zu lassen. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD soll das Klageinstrument spätestens zum 1. November 2018 in Kraft treten, um eine Verjährung der Schadenersatzansprüche der Besitzer von VW-Dieselautos zu verhindern. Die Ansprüche vieler VW-Kunden wegen der Abgasmanipulationen laufen Ende 2018 aus.
Thomae forderte daher von Volkswagen einen zeitlich begrenzten Verjährungsverzicht für seine deutschen Kunden. Das Gesetz müsse im Bundestag "ordentlich behandelt" werden können, sagte der FDP-Fraktionsvize.
Zudem werde der Verbraucherbegriff mit der Musterfeststellungsklage künftig zwar weiter gefasst als bislang, sagte Thomae. Das helfe "aber immer noch nicht dem Handwerksmeister, dessen VW ebenfalls vom Abgasskandal betroffen ist".
Probleme sieht der FDP-Politiker auch bei den Regelungen zu den klageberechtigten Verbänden. Vor allem störe ihn das "Windhund-Prinzip", wonach neben der ersten Musterklage keine andere erhoben werden könne. "Wenn ein Verband das Verfahren nur dann führen darf, wenn er die Klage als erster einreicht, schadet das der Qualität des Rechts und hilft auch nicht den Verbrauchern", kritisierte er.
Künast beklagte, dass der Gesetzentwurf "nur das Ergebnis eines Deals" sei und deshalb die Kriterien für die Klagebefugnis so eng gefasst worden seien, dass nur bestimmte Einrichtungen zum Zug kämen. "Die Deutsche Umwelthilfe, die den VW-Skandal in Deutschland immerhin erst richtig ins Rollen gebracht hat, wird ausgetrickst und soll bei den Klagerechten außen vor bleiben", sagte die Grünen-Politikerin.
(O. Petrow--BTZ)