COP29 unter schwierigen Vorzeichen: UN-Klimakonferenz in Baku eröffnet
Überschattet vom Wahlsieg des Klimawandel-Leugners Donald Trump in den USA und zunehmenden Klima-Katastrophen in aller Welt hat in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku die 29. UN-Klimakonferenz (COP29) begonnen. COP29-Präsident Muchtar Babajew sprach am Montag zum Auftakt der zweiwöchigen Verhandlungen mit Blick auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens von einem "Moment der Wahrheit". Dieses Jahr steht bei der Weltklimakonferenz das schwierige Thema Klimafinanzierung im Mittelpunkt.
Wenige Tage vor Konferenzbeginn hatte Trump die US-Präsidentschaftswahl gewonnen, am 20. Januar tritt er sein Amt an. Es wird erwartet, dass die USA unter ihm erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. Außerdem will der Republikaner die Förderung von klimaschädlichem Erdöl und Erdgas im eigenen Land massiv ausweiten. "Keine Klimakonferenz ist unter schlechteren Vorzeichen gestartet", erklärte Martin Kaiser von Greenpeace Deutschland dazu.
Der bevorstehende Machtwechsel in Washington schränkt nicht nur den Handlungsspielraum der US-Delegation in Baku ein. Er führte in den vorausgegangenen Verhandlungen auch dazu, dass viele Länder eine abwartende Haltung einnahmen.
"Die Klimakrise interessiert sich nicht für Wahlen und stoppt auch nicht, wenn manche sie einfach wegreden wollen", mahnte die deutsche Klima-Beauftragte Jennifer Morgan in Baku. Sie setzt darauf, dass die USA auch unter Trump weiter in einen klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft investieren. Auch die Vereinigten Staaten hätten ein "Interesse an nachhaltigem Wachstum" mit neuen Jobs, die Energiewende sei "nicht mehr aufzuhalten", sagte Morgan.
UN-Klimasekretär Simon Stiell verlangte von der internationalen Gemeinschaft einen Beweis dafür, dass die weltweite Zusammenarbeit beim Klimaschutz "nicht an einem toten Punkt" angekommen sei. Zum Konferenzauftakt verzögerte sich allerdings der Beschluss der Agenda stundenlang, unter anderem weil China auch im Namen Brasiliens, Indiens und Südafrikas die Berücksichtigung einseitiger Handelsbarrieren mit Klimabezug forderte. Dieses Vorgehen der großen Schwellenländer richtet sich gegen die EU.
Zentrale Aufgabe der Delegationen aus fast 200 Ländern in Baku ist es, einen neuen Rahmen für die internationale Klimafinanzierung für die Zeit nach 2025 festlegen. Bislang gilt für die Förderung von Klimaschutz und Klimaanpassung eine Zusage der reichen Industrieländer von mindestens 100 Milliarden Dollar (93,29 Milliarden Euro) pro Jahr. Das Geld, vielfach rückzahlbare Kredite sowie privatwirtschaftliche Investitionen, fließt etwa in den Ausbau erneuerbarer Energien oder den Bau von Schutzdeichen.
Nach Expertenschätzungen wären künftig mindestens eine Billion Dollar pro Jahr notwendig, um Länder des globalen Südens beim Klimaschutz und der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung zu unterstützen. Einige Berechnungen kommen sogar auf 2,4 Billionen Dollar.
Der aserbaidschanische Umweltminister und COP29-Präsident Babajew sprach in seiner Eröffnungsrede von "hunderten Milliarden" Dollar. Die Südafrikanerin Tasneem Essop, die das Climate Action Network (CAN) aus tausenden Nichtregierungsorganisation weltweit leitet, erinnerte die Industrieländer an ihre "Klima-Schuld".
Deutschland und andere Industriestaaten dringen darauf, dass sich künftig auch reiche Schwellenländer wie China und die Golfstaaten an den Klimahilfen beteiligen. Alle Länder, "die viel emittiert haben, die viel verdient haben", müssten sich beteiligen, forderte die Klima-Beauftragte Morgan.
In Baku geht es auch um die dringend notwendige Reduzierung der weltweiten Treibhausgasemissionen. "Wir sind auf dem Weg in den Ruin", sagte COP29-Präsident Babajew dazu im Konferenzplenum. Die Weltmeteorologieorganisation (WMO) warnte in einem zum Konferenzbeginn vorgestellten Bericht, dass die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens "in großer Gefahr" sei.
Laut WMO-Bericht ist 2024 mit nahezu absoluter Sicherheit das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen - und der Zeitraum 2015 bis 2024 das heißeste Jahrzehnt. Das Paris-Abkommen sieht vor, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Montagsausgabe), die 1,5-Grad-Grenze sei "de facto doch längst gerissen". Gegenwärtig sei die Menschheit "auf einem Erwärmungspfad von etwa drei Grad".
Morgan sagte, in Baku stünden "vielleicht die schwierigsten" Klima-Verhandlungen seit der Aushandlung des Paris-Abkommens 2015 an. Zunehmende Extremwettersituationen wie unlängst die zerstörerischen Überschwemmungen im Osten Spaniens machten aber allen die Gefahren durch die fortschreitende Erderwärmung deutlich."Wir sehen es alle: Die Klimakrise ist da und nicht nur in fernen Ländern", sagte die deutsche Klima-Beauftragte. Es gehe global um die "größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist wegen des Bruchs der Ampel-Koalition nicht nach Baku, auch einige andere einflussreiche Staats- und Regierungschefs nehmen nicht teil. Zudem ist die Ausrichtung der COP29 in Aserbaidschan wegen der dortigen autoritären Regierung, der Unterdrückung von Klima- und Menschenrechtsaktivisten sowie Aserbaidschans Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas umstritten.
An der Weltklimakonferenz nehmen dieses Jahr etwa 51.000 Menschen teil, deutlich weniger als vergangenes Jahr in Dubai. Die Verhandlungen sollen am Freitag kommender Woche enden, eine Verlängerung wie in den Vorjahren wäre aber keine Überraschung.
O. Joergensen--BTZ