Facebook wegen Datenmissbrauch-Skandal unter massivem Druck
Nach den Enthüllungen über einen mutmaßlichen gigantischen Datenmissbrauch für den US-Wahlkampf gerät der Internetkonzern Facebook unter wachsenden politischen Druck. Parlamentarier in den USA wie auch Großbritannien wollen Konzernchef Mark Zuckerberg zu Anhörungen vorladen. Auch die EU kündigte Untersuchungen an. Die Daten von rund 50 Millionen Facebook-Nutzern sollen von der britischen Firma Cambridge Analytica für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump eingesetzt worden sein.
Der republikanische US-Senator John Kennedy und seine Kollegin Amy Klobuchar von den oppositionellen Demokraten verlangten am Montag, dass Zuckerberg ebenso wie die Chefs von Google und Twitter in der Kongresskammer aussagen solle. Die Internetriesen verfügten über "beispiellose Mengen an persönlichen Daten", zugleich gebe es einen Mangel an Aufsicht über ihren Umgang damit, erklärten sie. Dies wecke Besorgnisse hinsichtlich eines ungestörten Ablaufs von Wahlen und des Datenschutzes.
Der Vorsitzende des britischen Unterhausausschusses für Digitales und Medien, Damian Collins, teilte seinerseits mit, dass er Zuckerberg in einem Schreiben aufgefordert habe, vor dem Gremium zu erscheinen. Er solle dort Stellung zu dem "katastrophalen Vorgang des Versagens" seiner Firma beziehen. Facebook hatte zuvor mitgeteilt, externe Spezialisten mit einer Untersuchung der Affäre beauftragt zu haben. Das Facebook-Konto von Cambridge Analytica sei inzwischen geschlossen worden.
Parallel wurde bekannt, dass der bisherige Facebook-Sicherheitschef Alex Stamos auf einen anderen Posten versetzt wurde. Stamos schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, er übe jetzt eine neue "Rolle" aus: Sie bestehe darin, neue Sicherheitsrisiken und "die Sicherheit von Wahlen" zu prüfen.
Nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG soll Facebook schon Ende 2015 von dem massiven Datenmissbrauch erfahren haben. Das Unternehmen habe damals die Nutzer nicht informiert und wenig unternommen, den Datenmissbrauch zu stoppen. Facebook steht in den USA zudem bereits seit Monaten wegen der Affäre um mutmaßliche russische Einmischungen in den Wahlkampf unter Druck. Das Unternehmen hatte im September eingeräumt, dass damals in seinem Netzwerk rund 3000 mutmaßlich russisch finanzierte Anzeigen mit politisch polarisierendem Inhalt geschaltet wurden.
Der aktuelle Facebook-Skandal rief auch die EU-Behörden auf den Plan. Er wurde auf die Tagesordnung eines für Dienstag geplanten Treffens der Datenschutzbeauftragten der Mitgliedstaaten gesetzt.
Justizkommissarin Vera Jourova wollte die Affäre zudem am Dienstag bei einem Besuch in Washington zur Sprache bringen. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani kündigte eine umfassende Untersuchung dieses "inakzeptablen Verstoßes" gegen die Datenschutzrechte an. In Großbritannien teilte die Datenschutzbeauftragte Elizabeth Denham mit, einen Durchsuchungsbefehl gegen Cambridge Analytica erwirken zu wollen. Das Unternehmen habe sich auf Anfragen nach Einsicht in seine Daten "unkooperativ" gezeigt.
Cambridge Analytica bestritt energisch, bei Facebook gesammelte Daten für die Trump-Kampagne verwendet zu haben. Die "New York Times" und der "Observer" hatten berichtet, die Firma sei mittels einer von einem Psychologen entwickelten App in den Besitz der Facebook-Nutzerdaten gelangt. Diese Daten habe sie dann für die Entwicklung einer Software benutzt, um Wählerentscheidungen vorauszusagen und zu beeinflussen.
Die Software erlaubte es, politische Anzeigen zu schalten, die auf einzelne Nutzer zugeschnitten wurden und damit besonders effektiv waren. Die individuelle Ansprache von Wählern über die sozialen Netzwerke war als einer der Schlüssel für Trumps überraschenden Wahlsieg im November 2016 angesehen worden. Trumps Digitalkampagne war von seinem Schwiegersohn Jared Kushner gesteuert worden. Finanziert wurde Cambridge Analytica von dem US-Hedgefonds-Milliardär Robert Mercer, einem Unterstützer der Republikanischen Partei.
Der britische Sender Channel 4 berichtete, dass sich Manager von Cambridge Analytica damit gebrüstet hätten, sie könnten Politiker mit Bestechungsangeboten oder ukrainischen Prostituierten in kompromittierende Situationen bringen. Das Unternehmen wies auch diesen Bericht als falsch zurück.