Budapester Staatsanwaltschaft: Ermittlungen zu Pegasus-Affäre
Die Enthüllungen um die Späh-Software Pegasus sorgen in mehreren Ländern juristisch und politisch für Unruhe: In Ungarn leitete die Staatsanwaltschaft am Donnerstag Ermittlungen ein, in Frankreich lud Präsident Emmanuel Macron seine Minister zur Krisensitzung. Marokko kündigte derweil Klagen gegen Amnesty International und Forbidden Stories wegen "Verleumdung" an.
Es seien mehrere Beschwerden im Pegasus-Fall eingegangen, erklärte die Budapester Staatsanwaltschaft. Sie leitete eine Untersuchung wegen des "Verdachts der Sammlung von unerlaubten geheimen Informationen" ein. Die Schadsoftware Pegasus der israelischen Firma NSO soll von mehreren Regierungen und Geheimdiensten weltweit zur Ausspähung unter anderem von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten genutzt worden sein.
Die Spionage-Affäre war am Sonntag durch internationale Medienberichte bekannt geworden. Das Reporter-Netzwerk Forbidden Stories und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatten Medien aus zehn Ländern Dokumente über Pegasus zur Verfügung gestellt. Auf der Liste der potenziellen Pegasus-Ziele stehen laut den Medien mindestens 180 Journalisten, 600 Politiker, 85 Menschenrechtsaktivisten und 65 Unternehmer - viele davon in Marokko, Saudi-Arabien und Mexiko.
Ungarn war das einzige EU-Land, das als potenzieller Nutzer der Software aufgeführt wurde. Ungarische Regierungsmitglieder wiesen die Vorwürfe als "unbegründet" zurück. Kritiker werfen dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban seit langem vor, seit seinem Amtsantritt im Jahr 2010 Grundrechte wie die Pressefreiheit zu untergraben.
Derweil befasste sich das Verteidigungskabinett in Paris am Donnerstag unter Macrons Leitung mit "der Pegasus-Affäre und der Frage der Cybersicherheit", wie Regierungssprecher Gabriel Attal dem Radiosender France Inter sagte. Der Präsident nehme die Sache "sehr ernst". Eine von Macrons Handynummern war auf einer Liste möglicher Spähziele aufgetaucht.
Regierungssprecher Attal sagte, bisher sei nicht bekannt, ob Macrons Telefone "wirklich infiziert waren, ob Daten abgefischt wurden". Das werde noch untersucht.
Die israelische Firma NSO schloss als Herstellerin der Pegasus-Software aus, dass Macron ausgespäht worden sei. "Ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass Präsident Macron kein Ziel war", sagte ein hochrangiger NSO-Mitarbeiter im israelischen Fernsehen. Die Firma bezeichnete sich als Opfer einer "bösartigen und verleumderischen" Kampagne.
Israel setzte eine parlamentarische Kommission ein, um die Vorwürfe zu untersuchen. Nach Abschluss der Überprüfung würden mögliche Konsequenzen geprüft, sagte der Vorsitzende des Außen- und Verteidigungsausschusses der Knesset, Ram Ben Barak.
Hinter den Cyberangriffen auf Politiker, Journalisten und Aktivisten sollen die Behörden verschiedener Länder stehen, denen NSO die Software verkauft hat. In den Fokus rückte unter anderem Marokko, das am Donnerstag rechtliche Schritte gegen Amnesty International und Forbidden Stories einleitete.
Rabat habe beschlossen, beide Nichtregierungsorganisationen wegen "Verleumdung" vor dem Pariser Strafgericht zu verklagen, teilte ein Anwalt am Donnerstag mit. Eine erste gerichtliche Anhörung sei für den 8. Oktober angesetzt. Der Prozess wird jedoch voraussichtlich erst in etwa zwei Jahren stattfinden.
Nachdem bekannt geworden war, dass Macrons Name auf einer Liste mit 50.000 Nummern steht, fiel der Spionage-Verdacht auf Marokko. Die marokkanische Regierung hatte daraufhin rechtliche Schritte gegen jeden angekündigt, der Rabat mit der Ausspähung durch Pegasus in Verbindung bringt.
Nach Marokko wies auch Saudi-Arabien die Vorwürfe als "haltlos" zurück, Spionage mithilfe von Pegasus betrieben zu haben. Unter Berufung auf einen Regierungsvertreter meldete die amtliche Nachrichtenagentur SPA, die Anschuldigungen seien "unwahr". Riad billige "derartige Praktiken" nicht.
(F. Schulze--BTZ)