Datenschützer kritisiert unzureichende Einbindung in Gesetze
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) sieht bei der Gesetzgebung deutliche Mängel in der Zusammenarbeit mit der Bundesregierung. Die vorgeschriebene Beteiligung an Gesetzesvorhaben sei ihm seit seinem Amtsantritt 2019 oft erst sehr spät ermöglicht worden, sagte Kelber im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks laut Vorabmeldung vom Freitag. Die Bundesregierung ist gesetzlich angewiesen, den Datenschutzbeauftragten frühzeitig in alle Fragen einzubeziehen, die mit dem Schutz personenbezogener Daten zusammenhängen.
Seine Behörde habe Gesetzentwürfe aber häufig sehr kurzfristig prüfen müssen, so Kelber. Bei einem Pandemie-Gesetz habe ihm die Bundesregierung nur zweieinhalb Stunden Zeit zur Begutachtung gegeben. Häufig habe diese Hast nichts mit externen Faktoren wie der Corona-Pandemie zu tun. Vielmehr folge der schnelle Abschluss von Gesetzentwürfen oft "langer Zeit des Nichtstuns".
Kelber bemängelte zudem eine "Scheuklappendigitalisierung", bei der federführende Ministerien datenschutzrechtlich saubere Alternativ-Vorschläge für die Umsetzung von Gesetzesvorhaben ignorierten. Als Beispiel nannte er die Nutzung der Steueridentifikationsnummer für die Registermodernisierung, die verfassungsrechtlich problematisch sei.
Kelber verteidigte seine Forderung, die Facebook-Fanseiten der Bundesregierung bis Ende des Jahres abzuschalten. Es sei weiterhin unklar, wie Facebook die Daten verarbeite. Die Bundesregierung habe die europäische Datenschutzgrundverordnung umgesetzt und müsse diese nun auch durchsetzen.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisierte in diesem Zusammenhang die irische Datenschutzbehörde. Dublin ist federführend für Facebook und andere amerikanische Digitalkonzerne zuständig, die ihre Europazentrale in Irland haben. Die irischen Datenschützer hätten solche Fragestellungen längst mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen lösen können. "Dazu hat die Behörde auch in über drei Jahren vollständiger Wirksamkeit der Datenschutzgrundverordnung nichts vorgelegt", bemängelte Kelber.
Für die kommende Legislaturperiode nannte Kelber mehrere Themen, mit denen sich die nächste Bundesregierung beschäftigen müsse. So müsse für künstliche Intelligenz und algorithmische Systeme zwar eine innovationsfreundliche Umgebung geschaffen werden; es brauche aber klare Regeln, wo deren Einsatz nicht vertretbar sei. Außerdem fordert der Bundesdatenschutzbeauftragte ein Beschäftigten-Datenschutzgesetz, um "gläserne" Beschäftigte und Bewerber zu verhindern.
Kelber warb auch erneut für eine Überwachungsgesamtrechnung: Bundesregierungen führten seit 2001 ständig neue Sicherheitsgesetze ein, überprüften aber danach oft gar nicht deren praktischen Nutzen. Außerdem müsse endlich ermittelt werden, ob sich Bürger und Bürgerinnen durch die Wahrnehmung wachsender Überwachung bereits bei der Ausübung bestimmter Freiheitsrechte zurückhielten – zum Beispiel beim Demonstrationsrecht.
(O. Larsen--BTZ)