Huawei-Finanzchefin droht in den USA offenbar jahrzehntelange Haft
Der in Kanada festgenommenen Finanzchefin des chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei droht nach kanadischen Angaben in den USA jahrzehntelange Haft. Ein Rechtsvertreter der kanadischen Regierung sagte am Freitag bei einer gerichtlichen Anhörung in Vancouver, die US-Justiz werfe Meng Wanzhou betrügerischen Verstoß gegen Iran-Sanktionen der USA vor. Dafür drohe ihr eine mehr als 30-jährige Haftstrafe.
Meng war bei der Anhörung in der westkanadischen Stadt anwesend. Ihre Festnahme auf Betreiben der USA hat weltweit Ängste vor einer neuen Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China ausgelöst.
Die 46-Jährige ist die Tochter von Huawei-Gründer Ren Zhengfei. Sie war am vergangenen Samstag in Vancouver bei einer Zwischenlandung auf dem Weg von Hongkong nach Mexiko festgenommen worden. Das Justizministerium in Washington strebt ihre Auslieferung an.
Nach Angaben des kanadischen Regierungsvertreters wirft die US-Justiz der Huawei-Finanzchefin eine "Verschwörung zum Betrug" an mehreren Finanzinstitutionen vor. Sie habe persönlich gegenüber US-Banken geleugnet, dass die Firma SkyCom etwas mit Huawei zu tun habe - obwohl es sich bei SkyCom um einen Huawei-Ableger handle. SkyCom soll den Angaben zufolge in den Jahren 2009 bis 2014 gegen die Iran-Sanktionen verstoßen haben.
Bei der Anhörung ging es um einen Antrag Mengs, gegen Kaution auf freien Fuß zu kommen. Der Rechtsvertreter der kanadischen Regierung forderte vom Gericht, diesen Antrag abzuschmettern, weil bei Meng Fluchtgefahr bestehe. Die Entscheidung über ihre mögliche Auslieferung in die USA könnte sich monatelang hinziehen.
Der US-Sender CNN zitierte einen anonymen US-Regierungsvertreter mit der Äußerung, dass Washington die Festnahme Mengs als Hebel sehe, um Druck in den Handelsgesprächen mit Peking auszuüben. Der Handelsberater im Weißen Haus, Peter Navarro, bestritt dies jedoch. Präsident Donald Trump schrieb unterdessen im Kurzbotschaftendienst Twitter, die Handelsgespräche mit Peking liefen "sehr gut", auf den Fall Meng ging er nicht ein.
Zusätzliche Brisanz gewann ihre Festnahme dadurch, dass sie am selben Tag erfolgt war, an dem Trump mit dem chinesischen Staatschefs Xi Jinping am Rande des G20-Staatengipfels in Buenos Aires eine 90-tägige Waffenpause im Handelskonflikt vereinbart hatte. Nach Angaben von Trumps Sicherheitsberater John Bolton war das Weiße Haus vorab über die geplante Festnahme informiert. Bolton sagte jedoch, er wisse nicht, ob auch Trump selbst darüber im Bilde gewesen sei.
Die chinesische Regierung protestierte scharf gegen die Festname Mengs und sprach von einer Verletzung ihrer "Menschenrechte". Huawei ist ein Schlüsselkonzern für das chinesische Bestreben, zur führenden Wirtschaftsmacht der Welt aufzusteigen. Der Konzern ist bereits jetzt hinter Samsung und vor Apple der zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt.
In vielen Ländern wird Huawei allerdings eine zu große Nähe zur chinesischen Führung und zu den dortigen Sicherheits- und Geheimdiensten vorgeworfen. Die Vorbehalte gegen Huawei wurden am Freitag von der EU-Kommission unterstrichen.
"Sollten wir uns wegen Huawei oder anderer chinesischer Unternehmen Sorgen machen?", fragte Vize-Kommissionspräsident Andrus Ansip in Brüssel. "Ja, ich denke, wir sollten besorgt sein." Denn die Unternehmen müssten bei der Entwicklung von Produkten "mit ihren Geheimdiensten zusammenarbeiten". Ihre Erzeugnisse könnten dann "Hintertüren" bekommen, damit chinesische Dienste Zugriff auf sie erhielten.
Die Bundesregierung betonte ebenfalls, dass Sicherheit bei Netzausbau und Netzinfrastruktur ein "wichtiges Thema" sei. Ein Verbot konkreter Hersteller schloss sie aber vorerst aus. In Japan hingegen will die Regierung laut Medienberichten keine Produkte von Huawei wie auch des chinesischen Telekommunikationsausrüsters ZTE mehr bei öffentlichen Ausschreibungen akzeptieren.