Aktive Cyber-Abwehr stellt Bundesregierung vor technische Probleme
Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Hackerattacken will die Bundesregierung zur aktiven Cyberabwehr übergehen: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) machte erst im Sommer unmissverständlich deutlich, dass er die Angriffe von kriminellen Hackern oder Cyberagenten im Staatsauftrag künftig nicht mehr nur abwehren will. Aber die Planungen zum digitalen Gegenschlag stellen die Bundesregierung offenbar vor eine Reihe von Problemen.
In einer BERLINER TAGESZEITUNG vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP heißt es: "Aufgrund der Vielzahl der vorstellbaren Maßnahmen der aktiven Cyber-Abwehr werden vielfältige völker-, verfassungs- und einfachrechtliche Fragestellungen aufgeworfen." Diese werden demnach von der Bundesregierung noch überprüft, daraus könne sich gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergeben.
Vor dem digitalen Gegenangriff gibt es eine Vielzahl von Hürden: Denn oft sitzen die Urheber im Ausland - und können auch nur schwer identifiziert werden. Heikel ist auch die Frage, ob ein Hacker im Auftrag eines anderen Staates handelte.
Die Bundesregierung prüft unter anderem die Verlagerung von Zuständigkeiten von den Ländern auf den Bund. Hinzu kommen neben den rechtlichen auch die "organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen von Maßnahmen der aktiven Cyber-Abwehr" sowie die Zusammenarbeit von Polizeien und Nachrichtendiensten, wie es in Antwort des in der Frage federführenden Innenministeriums heißt. "Diese Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen."
Auf 14 von insgesamt 23 seiner Fragen laute die Antwort der Bundesregierung, dass sich der Gegenstand der Frage in der Prüfung befinde, kritisierte der FDP-Digitalexperten Manuel Höferlin, der den Fragenkatalog verfasst hat. "Dies lässt den Schluss zu, dass die Bundesregierung in Sachen Cyberabwehr und IT-Sicherheit völlig planlos agiert."
Für den Einsatz von Maßnahmen der aktiven Cyber-Abwehr seien besondere Fachkenntnisse erforderlich, betont das Innenministerium. Auf die Frage, welche Behörde oder Institution bereits zum jetzigen Zeitpunkt technisch dazu in der Lage sei, heißt es: "Die Bundeswehr besitzt die technische Ausstattung und Expertise zum Wirken im Cyber-Raum im Rahmen der Cyber-Verteidigung."
Höferlin findet es "bemerkenswert", dass die Bundesregierung derzeit nur die Bundeswehr beziehungsweise das Verteidigungsministerium zu aktiven Cyberabwehr fähig sieht. Das Innenministerium traue offenkundig weder dem ihm unterstellten Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) noch dem Verfassungsschutz entsprechende Kompetenzen zu.