Verbraucherschützer begrüßen Gesetzentwurf gegen Abmahnungen
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erhält von Verbraucherschützern und Wirtschaftsexperten Unterstützung für ihren Gesetzentwurf gegen Missbrauch bei Abmahnungen. Es sei "missbräuchlich, wenn mit Abmahnungen nicht primär Unrecht abgestellt wird, sondern aus Abmahngebühren und Anwaltskosten möglichst viel Geld herausgeschlagen werden soll", sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. Dies müsse verhindert werden.
Ein Missbrauch von Abmahnungen drohe "die zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung insgesamt zu diskreditieren", kritisierte Müller. Die Durchsetzung des geltenden Rechts sei allerdings kein Missbrauch", betonte der vzbv-Chef.
Auch die Expertin für Wettbewerbsrecht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Hildegard Reppelmund, begrüßte Barleys Entwurf. "Für Händler werden Abmahnungen zunehmend existenzbedrohend", sagte sie dem RND. "Solche Unternehmen können sich in der Regel keinen Anwalt leisten, so dass sie häufig einfach die Unterlassungserklärung unterschreiben - und dann beim nächsten Fehler hohen Vertragsstrafenforderungen von mehreren tausend Euro ausgesetzt sind."
Die Abmahnung sei an sich ein sehr gutes Instrument der außergerichtlichen Streitbeilegung. "Es hat sich aber durch unseriöse Marktteilnehmer zu einem fragwürdigen Geschäftsmodell mit Fokus auf finanzielle Eigeninteressen der Abmahnenden entwickelt und gerät zunehmend in Verruf", sagte Reppelmund.
Barley hatte am Mittwoch erklärt, der "Abmahnindustrie" solle die Geschäftsgrundlage entzogen werden. "Davon profitieren vor allem Selbstständige und kleine und mittlere Unternehmen", schrieb sie im Internet-Dienst Twitter. Zuvor hatten Medienkreise berichtet, dass Barleys Entwurf bereits am Dienstag dem Bundestag zugeleitet wurde. Er sieht unter anderem vor, dass bei Abmahnungen wegen unerheblicher Verstöße die mögliche Vertragsstrafe für eine Wiederholung des Verstoßes auf 1000 Euro begrenzt wird.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) begrüßte den Vorstoß. Gerade für Online-Händler sei das Abmahnrisiko durch die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) "nochmals gestiegen", erklärte BGA-Präsident Holger Bingmann.
Die neuen Datenschutzregeln der EU waren am 25. Mai endgültig in Kraft getreten. Sie machen Unternehmen und Organisationen europaweit gültige Vorgaben für die Speicherung von Daten. Kunden und Nutzer bekommen gleichzeitig mehr Möglichkeiten, gegen Missbrauch vorzugehen. Kleinere Betriebe, Vereine und Ehrenamtliche meldeten aber auch immer wieder Sorgen vor missbräuchlichen Abmahnungen an.
Der Deutsche Anwaltverein kritisierte hingegen, es werde eine unberechtigte Angst vor einer "Abmahnindustrie" geschürt. Es gebe keine belegbaren Zahlen, dass zehn Prozent aller Abmahnungen - wie vom Bundesjustizministerium behauptet - "missbräuchlich" seien.