Verbraucherschützer raten bei neuen EU-Datenschutzregeln zu Prüfung
Vor dem Inkrafttreten der neuen Datenschutzregeln in der EU haben Verbraucherschützer trotz des derzeitigen "Einwilligungs-Marathons" zu einer genauen Prüfung der Bestimmungen geraten. Unternehmen könnten die Umstellung im Zuge der neuen Datenschutz-Grundverordnung der EU dazu nutzen, mehr Rechte als bisher einzufordern, warnte die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz am Montag. So könnten sie etwa die Erlaubnis für Werbung per E-Mail oder Telefon verlangen.
Am 25. Mai tritt die neue Verordnung in Kraft, weshalb derzeit zahlreiche Unternehmen ihre Datenschutzerklärungen überarbeiten und neue Zustimmungen von den Nutzern einholen. "Wir raten dazu, den Umfang der Einwilligung genau zu prüfen und Kreuze oder Häkchen in Formularen mit Bedacht zu setzen", erklärte Verbraucherschützer Christian Gollner.
Demnach dürfen Unternehmen etwa Hinweise auf die Auswertung von Nutzerprofilen nicht mehr im Kleingedruckten verstecken. Außerdem dürfen sie keine Einwilligung in die Nutzung von Daten erzwingen, die für die eigentliche Dienstleistung nicht erforderlich sind. Beispielsweise dürfte bei einer Online-Bestellung die Weitergabe der Kundendaten an Dritte nicht zur Voraussetzung gemacht werden. Die Verbraucherzentrale wies auch darauf hin, dass Kunden ihre Einwilligung jederzeit widerrufen können.
Unterdessen warnte der Präsident des Digitalverbands Bitkom, Achim Berg, dass viele Unternehmen bei der Umsetzung der neuen Richtlinien in Verzug seien. Viele von ihnen hätten "erst spät begriffen, wie umfangreich die Anpassungen sind und müssen über den Stichtag hinaus mehr Ressourcen für den Bereich Datenschutz aufwenden", sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ).
Er hoffe daher, dass die Aufsichtsbehörden bei der Ahndung von Datenschutzverstößen ihren Ermessensspielraum "bewusst und mit Augenmaß" wahrnehmen, sagte Berg. "Denn nach wie vor gibt es viele Rechtsunsicherheiten, wie einzelne Vorgaben umzusetzen sind und wie streng sie von den Behörden ausgelegt werden."
Wenn Unternehmen gegen die neuen Vorschriften verstoßen, drohen ihnen prinzipiell empfindliche Strafen. Die Bußgelder können bis zu vier Prozent des globalen Jahresumsatzes ausmachen.
Allerdings warnte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff, dass ihre Behörde noch nicht ausreichend Personal habe, um die neuen Regelungen effektiv zu überwachen. "Da ist noch Luft nach oben", sagte sie nach BTZ-Information dazu. Dies gelte auch für die Aufsichtsbehörden der einzelnen Bundesländer, die für Unternehmen zuständig sind.
Noch bevor die Regeln in Kraft sind, brachte Bitkom-Präsident Berg zudem Nachverhandlungen ins Gespräch: "Wenn sich herausstellen sollte, dass sich die Vorgaben negativ auf digitale Innovationen in Europa auswirken, muss möglicherweise nachjustiert werden", sagte er in einem Interview. So könnte ein zu strenger Datenschutz etwa den Einsatz künstlicher Intelligenz verhindern.