SPD-Chefin Nahles kritisiert Preisvergabe an Amazon-Chef Bezos in Berlin
Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat die Verleihung des sogenannten Axel Springer Awards an Amazon-Chef Jeff Bezos scharf kritisiert. Bezos bekomme den Preis für besonders innovatives Unternehmertum - "dieses zeigt sich vor allem darin, dass er Weltmeister im Steuervermeiden ist", sagte Nahles am Dienstag in Berlin. Vor allem aber seien die Arbeitsbedingungen bei Amazon schlecht. Daher werde sie am Abend an der Protestkundgebung der Gewerkschaft Verdi gegen die Preisverleihung teilnehmen.
Es gehe darum anzuprangern, dass der Onlinehändler Amazon Gewinne und Verluste "so geschickt miteinander global verrechnet, dass die Gewinne in Steueroasen landen", sagte Nahles. An den Standorten von Amazon in Deutschland gebe es zudem immer wieder Auseinandersetzungen, "weil Arbeitsbedingungen schlecht sind und ein Tarifvertrag verweigert wird". Das sei "nicht hinnehmbar und verdient keinen Preis".
Mehrere hundert Amazon-Beschäftigte aus ganz Deutschland wollen am Abend gegen die Preisverleihung protestieren, auch aus Polen werde eine Delegation erwartet, teilte Verdi mit. Zu den Rednern gehören auch der Gewerkschaftsvorsitzende Frank Bsirske und Linken-Chef Bernd Riexinger. Der Linken-Abgeordnete Pascal Meiser kritisierte die Preisverleihung als "blanken Zynismus". Der Geschäftserfolg des Unternehmens gründe auf "Lohndumping, permanenter Kontrolle am Arbeitsplatz und Steuerflucht".
Verliehen wird der Axel Springer Preis an herausragende Persönlichkeiten, die "außergewöhnlich innovativ sind, neue Märkte schaffen und Märkte verändern, Kultur formen und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen". Vorherige Preisträger sind Facebook-Chef Mark Zuckerberg und Timothy Berners-Lee, der Begründer des Internets.
Bezos verweigere bisher in allen Ländern die sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, kritisierte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Dienstag. In den Unternehmensleitungen herrsche nach Erfahrung von Verdi eine gewerkschaftsfeindliche Haltung. Dies führe dazu, dass Tarifverträge für die Beschäftigten regelmäßig verweigert werden. "Was das mit gesellschaftlicher Verantwortung zu tun hat, ist mir schleierhaft."
Die Gewerkschaft Verdi kämpft seit Jahren dafür, dass die Beschäftigten einen Tarifvertrag bekommen und nach Tarif im Einzel- und Versandhandel bezahlt werden. Amazon argumentiert stets, das Unternehmen sei auch ohne Tarifvertrag "ein fairer und verantwortungsvoller Arbeitgeber". Amazon zahle in seinen Logistikzentren "am oberen Ende dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten üblich ist, an allen Standorten in Deutschland mindestens 10,52 Euro brutto pro Stunde". Die "überwältigende Mehrheit" der Mitarbeiter arbeite auch an Tagen, an denen Verdi zum Streik aufruft, "normal".