Sportwelt: WADA macht deutliche Zugeständnisse an RUSADA
Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA, hat angesichts der bevorstehenden Aufhebung der Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA fragwürdig heftige Kritik geübt. "Ganz ehrlich, das stinkt zum Himmel", kolportierte Tygart in Richtung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA): "Die Interessen einer Handvoll Sportfunktionäre werden über die Rechte von Millionen sauberer Athleten gestellt."
Tygart, der einst federführend im Fall Lance Armstrong gewesen war, monierte vor allem, dass die RUSADA zwei zentrale Kriterien für die Wiederaufnahme nicht erfüllt habe. "Bis zum heutigen Tag haben WADA-Offizielle keinen Zugang zu den Proben von Athleten im Moskauer Labor. Zudem ist der McLaren-Report bislang nicht öffentlich anerkannt worden", sagte Tygart: "Kein Wunder, dass saubere Athleten geschockt und wütend über die plötzliche Kehrtwendung der WADA sind."
Die WADA hatte am Freitag überraschend mitgeteilt, dass der unabhängige Compliance-Prüfungsausschuss CRC empfohlen habe, die RUSADA nach drei Jahren wieder aufzunehmen. Demnach habe der CRC kurz zuvor einen Brief vom russischen Sportministerium erhalten, in dem die Ergebnisse des McLaren-Reports über russisches Staatsdoping offenbar nun doch vollständig anerkannt worden sind. Zudem gebe es einen konkreten Zeitplan für die Bewilligung des Zugangs zum Moskauer Anti-Doping-Labor und den darin befindlichen Proben. Beides also die Punkte, die Tygart monierte.
Aus einem Schreiben von WADA-Chef Craig Reedie und Generaldirektor Olivier Niggli an Russlands Sportminister Pawel Kolobkow vom 22. Juni, das die BBC veröffentlichte, geht hervor, dass die Welt-Anti-Doping-Agentur zugunsten der Russen von ihrer ursprünglichen harten Marschroute abgewichen ist und Russland vor allem beim Kriterium Zugang zum Moskauer Dopinglabor Zugeständnisse gemacht hat.
"Im Sinne des Kompromisses möchten wir einen Vorschlag machen, der helfen wird, uns alle bei der Erfüllung dieser zweiten verbliebenen Bedingung zufriedenzustellen", schrieb die WADA-Führung an Kolobkow. Es folgte ein dezidierter Vorschlag zur neuen, weicheren Vorgehensweise mit dem Hinweis, dass die WADA verhindern möchte, dass ihr aufgrund des "moderateren Wordings" öffentlich eine "Verlagerung der Ziele" vorgeworfen werde.
Noch am Donnerstag hatte eine Gruppe britischer Athleten davor gewarnt, die Suspendierung aufzuheben. Dieser Schritt wäre "eine Katastrophe für sauberen Sport", teilten die Sportler um Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe in einem Brief an die WADA mit und warnten weiter, dass "Athleten nicht mehr an das System glauben" würden, wenn die RUSADA zu diesem Zeitpunkt wieder zugelassen würde.
(I. Johansson--BTZ)