Erdogan-Affäre: Löw sieht sich gefordert, Grindel sieht ein Problem
Joachim Löw sieht sich im Zuge der Erdogan-Affäre um Mesut Özil und Ilkay Gündogan in der Pflicht. "Ich muss sie soweit in Form bringen, dass sie gut vorbereitet sind, dass sie in den Flow kommen und unserer Mannschaft helfen. Das ist jetzt meine Aufgabe", sagte der Bundestrainer am Mittwoch nach dem ersten Training der deutschen Weltmeister im WM-Quartier in Watutinki.
"Beide Spieler waren sicher von der Situation beeindruckt und haben gelitten", berichtete Löw über die Nachwirkungen der Diskussionen um die Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, inzwischen sei zum Thema aber "alles in der Öffentlichkeit gesagt". Der Spielerrat habe DFB-Direktor Oliver Bierhoff versichert, dass die Sache "in der Mannschaft kein Thema" sei: "Beide sind anerkannt, alle wissen, dass sie genau diese Werte, die wir vertreten, leben und wahnsinnig gern für Deutschland spielen, das steht ja außer Frage."
Löw würde sich "wünschen", dass das Duo beim Auftaktspiel am Sonntag (17.00 Uhr/ZDF und Sky) von Pfiffen verschont bliebe. Im ersten Training hätten sie "einen guten Eindruck gemacht. Mit der Reise nach Russland können beide im Kopf den Schalter umlegen und sich auf das konzentrieren, was für uns wichtig ist". Beide werden zum Start "in der Form sein, die wir uns wünschen".
DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte: "Ich erwarte, dass jeder sich für Deutschland einsetzt, mit allem was er hat." In Richtung des bislang zur Affäre schweigenden Özil schob er hinterher: "Und dass er, wenn er schon in Interviews keine Antwort geben will, dann auf dem Platz. Ich weiß dass Mesut und Ilkay dazu bereit sind."
Hinter dem Ausmaß der Ablehnung der Fans vermutet Grindel Ursachen, die "wesentlich tiefer gehen, über die beiden Spieler hinaus". Seit der Flüchtlingskrise 2015 sei das Thema Integration nicht mehr nur positiv besetzt: "Die Menschen sehen Probleme und erwarten deshalb Klarheit, insbesondere im Bekenntnis zu Werten und unserem Land. Wir haben es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun, das uns als DFB trifft, weil wir Spiegel der Gesellschaft sind." Integration dürfe aber nicht mit Assimilation gleichgesetzt werden.
(T. Jones--BTZ)