"Szenario II": DOSB schlägt komplett unabhängige Athletenvertretung vor
In den Streit zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und Athletenvertretern über deren künftige Organisation und Finanzierung kommt Bewegung. In einem zwölfseitigen "Diskussionspapier zur Athletenkommission und zum Athleten Deutschland e.V." beschreibt der Dachverband ein "Szenario II", in dem einer bislang kritisch betrachteten Forderung der Sportler nach völliger Unabhängigkeit ihrer Interessenorganisation und einer Positionierung außerhalb aller DOSB-Strukturen entsprochen wird.
Zwei weitere vorgeschlagene Szenarien sehen eine unabhängigere Athletenkommission unter dem Dach des DOSB sowie eine Mischform vor. Über das Papier vom 1. Juni, das BERLINER TAGESZEITUNG aktuell vorliegt, hatten am gestrigen Dienstagabend bereits Medienkreise berichtet.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann sagte aktuell, dass nun die Athleten und die Politik eine der Organisationsformen auswählen sollen. "Von mir gibt es keinerlei Votum. Ich habe mich mit Veronika Rücker (DOSB-Vorstandsvorsitzende, d. Red.) geeinigt, dass wir den Athleten und der Politik die Entscheidung überlassen. Der DOSB wird mit jedem der vorgelegten Konzepte leben."
Stephan Mayer, der für den Sport zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, hatte sich zuletzt gegen eine völlig unabhängige Athletenvertretung ausgesprochen. Der Posten einer Anschubfinanzierung des Athleten Deutschland e.V. in Höhe von 225.000 Euro war aus dem Haushaltsentwurf für 2018 gestrichen worden. Im Sportausschuss lehnten CDU/CSU und SPD am gestrigen Dienstagabend einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf eine unabhängige Athletenstruktur ab.
Insofern scheint fraglich, ob ein "Szenario II" die Zustimmung der Politik finden kann, zumal auch Hörmann offenbar einen anderen Vorschlag bevorzugt. "Wir haben uns klar und deutlich für eine Stärkung der Athletenkommission - ich betone: Athletenkommission - ausgesprochen", sagte Hörmann dazu weiter.
Dass der monatelange Streit das von den Athleten gewünschte Ende nehmen könnte, scheint dennoch nicht ausgeschlossen. Die SPD betonte am Dienstag, sich trotz der Ablehnung des Grünen-Antrags im Sportausschuss weiter für die Belange der Athleten einsetzen zu wollen, und stellte einen eigenen Antrag in Aussicht. Die CDU/CSU-Fraktion erklärte ihre Ablehnung auch damit, eine weitere Stellungnahme der Athleten abwarten zu wollen - die wenige Stunden nach der Ausschusssitzung eintraf. Das letzte Wort über Finanzierung und Mittelverwendung hat der Haushaltsausschuss, der in seiner letzten Bereinigungssitzung Ende Juni die Unterstützung der Athleten noch bewilligen könnte.
Die Athleten betonten in einer schriftlichen Antwort an den DOSB, die BERLINER TAGESZEITUNG vorliegt: "Wir sprechen uns klar für das Szenario II aus." Die anderen Szenarien garantierten nicht die vollumfängliche finanzielle und personelle Unabhängigkeit, die für das Aufgabenspektrum einer effektiven und unabhängigen Interessenvertretung vonnöten sei, hieß es.
(C. Fournier--BTZ)