Prozess gegen Mann von belarussischer Oppositionsführerin Tichanowskaja begonnen
In Belarus ist ein Prozess gegen den Ehemann von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja eröffnet worden. Eine erste Anhörung des bekannten Bloggers Sergej Tichanowski und fünf anderer angeklagter Aktivisten fand am Donnerstag hinter verschlossenen Türen in einer Haftanstalt in Gomel statt, wie die Menschenrechtsgruppe Wjasna mitteilte. Dort wird Tichanowski seit mehr als einem Jahr festgehalten.
Der Blogger wollte ursprünglich bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen August gegen Amtsinhaber Alexander Lukaschenko antreten. Kurz nach Bekanntgabe seiner Kandidatur wurde er jedoch wegen angeblicher Verstöße gegen die öffentliche Ordnung festgenommen. Seine Frau Swetlana trat daraufhin an seine Stelle und forderte Lukaschenko heraus.
Tichanowski und seinen Mitstreitern wird vorgeworfen, über Online-Netzwerke das "öffentliche Bewusstsein manipuliert" zu haben. Ihre "unwahren Aufrufe" hätten hunderte Menschen dazu getrieben, sich an Ausschreitungen und anderen Aktivitäten zu beteiligen, welche "die öffentliche Ordnung grob verletzt" hätten, erklärten die Ermittler.
Tichanowski drohen 15 Jahre Haft. "Jeder erkennt, dass dies kein Prozess ist, sondern persönliche Rache und Vergeltung von jemandem, der die Macht gewaltsam an sich gerissen hat und sie sich mit Gewalt sichert", sagte Tichanowskaja in einer Videobotschaft mit Blick auf Lukaschenko.
Die meisten Gegner des autoritär herrschenden Präsidenten sitzen entweder im Gefängnis oder haben ihre Heimat verlassen. Oppositionsführerin Tichanowskaja musste ins Exil gehen, nachdem in Belarus die Massenproteste gegen Lukaschenko nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl begonnen hatten. Sie macht nun in aller Welt auf die Lage in ihrer Heimat aufmerksam.
Die Behörden in Belarus gehen massiv gegen Andersdenkende vor. Auch die Pressefreiheit wird stark eingeschränkt. Die beliebte unabhängige Nachrichtenseite Tut.by wurde im Mai blockiert; 15 Angestellte wurden wegen angeblicher Steuerhinterziehung festgenommen. Die Behörden wollen die Nachrichtenseite als "extremistisch" einstufen lassen. Dazu fand am Donnerstag eine Anhörung in Minsk statt.
(H. Müller--BTZ)