Wichtigster unabhängiger Radiosender Ungarns vor dem Aus
Der wichtigste unabhängige Radiosender Ungarns muss seinen Betrieb einstellen: Klubradio scheiterte vor Gericht mit einem Einspruch gegen den Entzug seiner Lizenz, wie Senderchef Andras Arato am Dienstag in Budapest mitteilte. Reporter ohne Grenzen sprach von einem "Schlag gegen die Pressefreiheit in Ungarn". Auch der Europarat und Frankreich äußerten sich besorgt über die Lage der Medien in dem EU-Mitgliedstaat.
Nach dem Urteil eines Budapester Gerichts muss Klubradio sein Programm am Sonntagabend einstellen - dann läuft seine siebenjährige Sendelizenz ab. Von Montag an werde der Sender seine Arbeit im Internet fortsetzen, sagte Arato der Nachrichtenagentur AFP. Er kündigte zudem an, gegen die "beschämende und feige" Justizentscheidung vor den Obersten Gerichtshof des Landes zu ziehen.
Reporter ohne Grenzen nannte das Urteil auf Twitter "enttäuschend". Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, sprach von einem "traurigen Tag für die Medienfreiheit", das französische Außenministerium von einem "sehr beunruhigenden Signal". Wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen und umstrittener Mediengesetze steht Ungarn in der EU seit Jahren am Pranger.
Die ungarische Medienaufsicht NMHH hatte eine Verlängerung der Sendelizenz für Klubradio im September mit der Begründung abgelehnt, dass der Sender "wiederholt" gegen Regeln verstoßen habe. So habe Klubradio zwei Mal binnen eines Jahres offizielle Dokumente mit Verspätung eingereicht.
Klubradio-Moderator Janos Desi nannte das Gerichtsurteil politisch motiviert: "In einer Diktatur gibt es keinen Raum für unabhängige Stimmen", sagte er.
Der regierungskritische Sender erreicht bisher vor allem Zuhörer in der Hauptstadtregion. Die erzwungene Einstellung seines Sendebetriebs rückt das Vorgehen des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban gegen unabhängige Medien erneut in den Fokus.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt das EU-Land den 89. von 180 Plätzen. Vor dem Amtsantritt Orbans im Jahr 2010 hatte Ungarn auf dieser Liste den 23. Rang eingenommen.
(A. Madsen--BTZ)