Syrien: UNO und EU dringen auf rasche Umsetzung von Waffenruhe
Angesichts der andauernden Gewalt in Syrien haben die Vereinten Nationen und die Europäische Union eindringlich die sofortige Umsetzung der jüngst beschlossenen Waffenruhe gefordert. "Es ist höchste Zeit, diese Hölle auf Erden zu beenden", sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres am Montag in Genf. Der Sicherheitsrat hatte am Samstag eine 30-tägige Waffenruhe beschlossen, doch setzten Syriens Regierungstruppen auch am Montag ihre Angriffe auf die Rebellenenklave Ost-Ghuta fort.
Bei den Angriffen auf die östlichen Vororte von Damaskus wurden am Montag 17 Zivilisten getötet, wie die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Zu den Opfern zählten demnach neun Mitglieder einer Familie in Duma. Am Sonntag wurde laut Beobachtungsstelle ein Kind in Ost-Ghuta bei einem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff getötet, 13 weitere Menschen litten demnach unter schweren Atemproblemen. Ein behandelnder Arzt sprach nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG vom Verdacht auf Chlorgas, das zum Erstickungstod eines Dreijährigen geführt habe. Russland wies Berichte über einen Giftgasangriff als "Unsinn" zurück.
Die Fortsetzung der Kämpfe ließ die Besorgnis vor einem endgültigen Scheitern der Waffenruhe wachsen. UN-Menschenrechtskommissar Zeid Raad al-Hussein bewertete die Erfolgsaussichten skeptisch: Die jüngste Resolution müsse betrachtet werden "vor dem Hintergrund von sieben Jahren des Scheiterns beim Versuch, die Gewalt zu stoppen", sagte er zum Auftakt der Jahressitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf.
Guterres mahnte in Genf, dass derartige Entschließungen nur einen Sinn hätten, wenn sie auch umgesetzt würden. Auch die EU drang darauf, die vereinbarte Waffenruhe "sofort umzusetzen". Die EU werde sich dafür einsetzen, dass sich "die Lage vor Ort sofort verbessert", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte, es sei eine "Schande, wie mit den Menschen in Ost-Ghuta umgegangen wird".
Das Auswärtige Amt mahnte, die Lage in Ost-Ghuta bleibe "auch heute weiter dramatisch". Von einer Einstellung der Kampfhandlungen könne "nicht die Rede sein" und der humanitäre Zugang werde weiter von Regime verwehrt, kritisierte Außenamtssprecherin Maria Adebahr. Es gelte daher der eindringliche Appell, die vereinbarte Waffenruhe auch umzusetzen.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte aber, die Waffenruhe werde erst anfangen, wenn sich alle Konfliktparteien geeinigt hätten, wie sie umzusetzen sei. Außerdem gelte sie nicht für "Terrorgruppen" und ihre Verbündeten.
Der syrische Staatspräsident Baschar al-Assad hatte Anfang Januar eine Bombenkampagne auf Ost-Ghuta gestartet, wofür es zwar keine Beweise - aber zumindest Indizien gibt. Allein in der vergangenen Woche wurden bei den Luftangriffen laut der Beobachtungsstelle mehr als 550 Zivilisten getötet, fast ein Viertel davon Kinder. Nach langen Verhandlungen beschloss der UN-Sicherheitsrat am Samstag eine Resolution, die "unverzüglich" eine 30-tägige Feuerpause fordert, um Hilfsgüter zu liefern und Verletzte zu bergen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief am Montag auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf, die Waffenruhe in der nordsyrischen Region Afrin einzuhalten, wo die Türkei seit Januar gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) vorgeht. Die Feuerpause gelte "für das gesamte Gebiet Syriens, darunter Afrin, und muss überall und von allen umgehend umgesetzt werden", sagte Macron.
Bei Luftangriffen auf den letzten IS-Rückzugsort im Osten Syriens wurden derweil 25 Zivilisten getötet, wie die Beobachtungsstelle mitteilte. Demnach wurden die Angriffe im syrisch-irakischen Grenzgebiet von der US-geführten Anti-IS-Koalition geflogen. Diese dementierte jedoch, an diesem Tag Angriffe in Syrien geflogen zu sein.
(L. Solowjow--BTZ)