Kranzniederlegung anlässlich von Willy Brandts Kniefall in Warschau vor 50 Jahren
Gedenken an Willy Brandts Kniefall in Warschau: In der Hauptstadt Polens ist der historischen Geste des damaligen Bundeskanzlers vor 50 Jahren gedacht worden, die zum Symbol der deutsch-polnischen Aussöhnung wurde. Der Chef des Bundespräsidialamts, Stephan Steinlein, und der Leiter der polnischen Präsidialkanzlei, Krzysztof Szczerski, legten am Montag anlässlich des Jahrestags einen Kranz am Denkmal für die Toten des Aufstands im Warschauer Ghetto 1943 nieder.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte in einer Videobotschaft Brandts Kniefall. Der Emigrant und Widerstandskämpfer Brandt, "der selbst ohne Schuld war, bekannte mit seinem Kniefall deutsche Schuld und bat um Vergebung", erklärte Steinmeier. "Darin lag die Größe dieser Geste Willy Brandts." Weitere Kranzniederlegungen fanden am Montag am Denkmal für Willy Brandt und am Denkmal für den Warschauer Aufstand von 1944 statt.
Der damalige Bundeskanzler Brandt hatte am 7. Dezember 1970 als erster westdeutscher Regierungschef nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die polnische Hauptstadt besucht. Am Ehrenmal für den Aufstand im jüdischen Ghetto von Warschau legte Brandt einen Kranz ab, kniete plötzlich nieder und verharrte eine halbe Minute schweigend. Bei seinem Besuch in Polen unterzeichnete Brandt dann auch den Warschauer Vertrag, in dessen Mittelpunkt die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Westgrenze Polens stand. Er war ein Ergebnis der Entspannungspolitik der sozial-liberalen Koalition unter Brandt gegenüber den sogenannten Ostblock-Staaten.
Als der damalige Bundeskanzler Brandt nach Warschau gereist sei, seien "die Wunden der Vergangenheit noch frisch" gewesen: "Der Überfall auf Polen, der mit entsetzlicher Grausamkeit von Deutschland geführte Vernichtungskrieg, der Terror und die polnischen Opfer der deutschen Besatzung, der Völkermord an den Juden", erklärte Steinmeier. Seither hätten Deutschland und Polen gemeinsam den demokratischen Aufbruch des Jahres 1989 erlebt und den Fall des Eisernen Vorhangs in Europa gefeiert, erklärte der Bundespräsident weiter.
"Brandts Kniefall war Eingeständnis deutscher Schuld – für die Menschheitsverbrechen des Holocausts und des Vernichtungskriegs gegen Polen", würdigte auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Geste Brandts in einem Gastbeitrag für die "Passauer Neue Presse" vom Montag. Sie stehe zudem für Brandts neue Ostpolitik. Mit den Ostverträgen habe die Bundesrepublik die DDR und den territorialen Status Quo in Europa anerkannt. "Damit präsentierte Brandt Osteuropa und der Welt ein neues, friedliches Deutschland."
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb im Onlinedienst Twitter: "Brandt ist damals für das ganze deutsche Volk auf die Knie gegangen." Der in Polen geborene Ziemiak rief die Deutschen auf, "an diesen Moment zu erinnern und uns auf diesem Fundament für die deutsch-polnischen Beziehungen einzusetzen".
"Willy Brandt hatte die Gabe, wie kaum jemand anderes durch seine Worte und seine Gesten die Emotionen der Menschen zu treffen", erklärte auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Die Geste sei "das Symbol für die Entspannungspolitik, die in direkter Linie zum Mauerfall, zur Vereinigung Deutschlands und zum Ende des Kalten Kriegs geführt hat".
Steinmeier begrüßte auch die kürzlich getroffene Entscheidung des Bundestags, in Berlin an prominenter Stelle ein Denkmal für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Besatzung zu errichten. "Dieses Denkmal setzt ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen. Es soll uns zugleich ständige Mahnung für eine bessere Zukunft sein."
(O. Karlsson--BTZ)