Demonstranten in Minsk ändern Taktik bei Protesten gegen Staatschef Lukaschenko
Bei den wöchentlichen Protesten in Belarus gegen den autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko haben die Demonstranten ihre Taktik geändert. Statt einer einzigen Großdemonstration meldeten lokale Medien am Sonntag etwa 20 dezentrale Kundgebungen in ganz Minsk. "Die Lukaschenko-Polizei eilt verzweifelt von Bezirk zu Bezirk", hieß es in der Gruppe Nexta Live im Messenger-Dienst Telegram, mit deren Hilfe die Massenproteste koordiniert werden.
In ausnahmslos allen Vierteln der belarussischen Hauptstadt fanden den Angaben zufolge Demonstrationen statt. Mit der Änderung der Taktik reagierten die Teilnehmer auf die regelmäßige, gewaltsame Niederschlagung ihrer Proteste und hunderte Festnahmen in den vergangenen Wochen. Viele Oppositionsanhänger berichteten von Folter und Misshandlungen während ihrer Haft.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wjasna nahm die Polizei am Sonntag mindestens 20 Menschen fest. Wie in den vergangenen Wochen wurden während der Proteste zahlreiche U-Bahn-Stationen abgesperrt; die Behörden drosselten zudem das Mobilfunknetz. Auch Blendgranaten und Tränengas wurde laut der Nachrichtenseite Tut.by eingesetzt.
Die im litauischen Exil lebende Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hatte sich am Samstag im Online-Dienst Telegram an die Protestbewegung gewandt. "Jeder geht in seinem Bezirk auf die Straße und sieht dutzende, hunderte und tausende Unterstützer", sagte die 38-Jährige in einem Video voraus. Sie nannte die demonstrierenden Belarussen "stolze, mutige und friedfertige Menschen, die den Preis für Freiheit kennen" und nie ohne Freiheit leben werden.
Seit der von massiven Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl am 9. August gibt es in Belarus Massenproteste. Auf dem Höhepunkt der Proteste gegen den 66-jährigen Lukaschenko waren in Minsk jeden Sonntag mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen.
Die Sicherheitskräfte gehen gewaltsam gegen die friedlichen Demonstranten vor. Mindestens vier Menschen starben bei den Protesten. Zuletzt hatte der Tod des Künstlers und Aktivisten Roman Bondarenko nach seiner Festnahme für Erschütterung gesorgt. An der Beerdigung Bondarenkos Mitte November nahmen 5000 Menschen teil.
(P. Rasmussen--BTZ)