Oxfam: Ehemaliger Haiti-Chef gab Umgang mit Prostituierten zu
Der ehemalige Oxfam-Landesdirektor in Haiti hat nach Angaben der Hilfsorganisation bereits vor Jahren zugegeben, Prostituierte in seiner von Oxfam bezahlten Unterkunft angeheuert zu haben. Roland van Hauwermeiren habe damals bei einer internen Untersuchung seinen Rücktritt angeboten, heißt es in einem am Montag von Oxfam veröffentlichten Bericht aus dem Jahr 2011. Der Belgier hatte die Vorwürfe vergangene Woche noch als übertrieben bezeichnet.
"Im Interview hat der Landesdirektor zugegeben, Prostituierte in seine Oxfam-Unterkunft bestellt zu haben", heißt es in dem Bericht von damals. Daraus geht zudem hervor, dass drei Oxfam-Mitarbeiter einen Zeugen körperlich bedrohten, als mutmaßliches sexuelles Fehlverhalten nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 untersucht werden sollte. Winnie Byanyima, Geschäftsführerin von Oxfam International, kündigte am Montag in einer Mitteilung an, sich in den kommenden Tagen mit der haitianischen Regierung treffen zu wollen, "um uns für die Fehler der Vergangenheit zu entschuldigen". Außerdem solle erörtert werden, was Oxfam zur "Verhinderung ähnlicher Fälle beitragen" könne.
Der Belgier van Hauwermeiren steht im Mittelpunkt des Skandals um sexuelle Ausbeutung bei Oxfam. Er war im Tschad und anschließend in Haiti Landesdirektor der Hilfsorganisation. Nachdem die Vorwürfe intern bekannt wurden, trat er von seinem Posten zurück. Auch zwei andere Mitarbeiter kündigten und kamen damit einer Entlassung zuvor. Vier weitere Mitarbeiter wurden nach Angaben von Oxfam wegen groben Fehlverhaltens entlassen.
Nachdem der Skandal vor zehn Tagen öffentlich geworden war, rechtfertigte van Hauwermeiren sich in einem offenen Brief. Er habe in Haiti ein "intimes Verhältnis" mit einer "ehrenhaften, reifen Frau" gehabt, die keine Prostituierte gewesen sei. "Ich habe ihr kein Geld gegeben."
Die 23-jährige Mikelange Gabou aus Haiti sagte nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG in einem Interview, sie hätte eine Beziehung mit van Hauwermeiren gehabt. Damals sei sie allerdings 16 gewesen - und damit nach haitianischem Recht minderjährig. Der Belgier und sie hätten eine "liebevolles Verhältnis" gepflegt. Manchmal habe er ihr Geld gegeben. Auch andere Frauen habe van Hauwermeiren in sein Haus auf einer Hügelkuppe eingeladen.
Die international tätige Entwicklungsorganisation mit Sitz in Großbritannien wird seit Tagen von Skandalen erschüttert. Neben Sexorgien mit Prostituierten in Haiti und dem Tschad soll es Fälle von Vergewaltigungen und versuchten Vergewaltigungen im Südsudan gegeben haben. Vergangene Woche trat Oxfam-Vizechefin Penny Lawrence zurück.
Die Hilfsorganisation stellte inzwischen einen Aktionsplan vor, um sexuelle Belästigung und Missbrauch zu bekämpfen. "Mit Vorfällen wie in Haiti 2011 würde bei Oxfam heute anders umgegangen", versicherte die Geschäftsführerin von Oxfam Deutschland, Marion Lieser, in einer Stellungnahme am Montag. Unter anderem soll die Kommunikation innerhalb Oxfams und mit anderen Hilfsorganisationen verbessert werden.
Auch im Haiti-Bericht aus dem Jahr 2011 wurde die Empfehlung ausgesprochen, den Informationsaustausch zu verhaltensauffälligen Mitarbeitern zwischen den Regionen zu verbessern. Schon im Jahr 2004 hatte eine Frau, die in Liberia zusammen mit van Hauwermeiren gearbeitet hatte, sich über ihn beschwert.
(K. Berger--BTZ)