Mutmaßlicher Finanzier des Genozids in Ruanda wird nach Den Haag überstellt
Der mutmaßliche Finanzier des ruandischen Völkermords, Félicien Kabuga, wird an den internationalen Strafgerichtshof im niederländischen Den Haag überstellt. Dort solle der Mitte 80-Jährige zunächst medizinisch untersucht werden, entschied das UN-Tribunal für Ruanda am Mittwoch. Danach könnte er, wie Ende September vom obersten französischen Gerichtshof angeordnet, womöglich an das UN-Gericht in Arusha im ostafrikanischen Staat Tansania überstellt werden.
Kabuga war 1997 vom Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda in Abwesenheit wegen Völkermordes und sechs weiterer Punkte schuldig gesprochen worden. Kabuga gilt als einer der meistgesuchten Männer Afrikas: Der Mitte Mai in Frankreich festgenommene Geschäftsmann war nach einem Vierteljahrhundert auf der Flucht in einem Pariser Vorort festgenommen worden, wo er unter falscher Identität lebte.
Er habe bei seiner Entscheidung "außergewöhnliche Umstände" berücksichtigt, erklärte der im tansanischen Arusha ansässige Richter Iain Bonomy. Er ordnete an, dass Kabuga "für ein detailliertes medizinisches Gutachten" temporär nach Den Haag überstellt wird. Zuvor hatten die Anwälte Kabugas geäußert, dass eine Überstellung nach Tansania aufgrund der Corona-Pandemie ein Gesundheitsrisiko für ihren Mandanten wäre.
Sowohl Den Haag als auch Arusha sind Sitze des sogenannten Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichte (IRMCT), dem Nachfolge-Gericht des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda.
Als enger Vertrauter des früheren ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana soll Kabuga nach US-Angaben Gelder zur Verfügung gestellt haben, "mit dem Ziel, den Völkermord von 1994 auszuführen". Dabei wurden hunderttausende Menschen getötet, die überwiegend der Tutsi-Minderheit angehörten.
(L. Brown--BTZ)